Staatsoper zeigt „Fanny! Wer will mir wehren zu singen?“

Fanny Hensel schrieb lieber Noten als Buchstaben, saß öfter am Klavier als am Nähtischchen, schwang den Dirigentenstab begeisterter als den Kochlöffel. Den drei berühmten „K“ – Kinder, Küche, Kirche“ – fügte sie vor 200 Jahren noch zwei weitere hinzu: Komposition und Klavier. Sie galt als begabteste Komponistin ihrer Zeit und als Berlins beste Pianistin. Goethe sprach von der „gleich begabten Schwester“. Sie organisierte regelmäßig die „Sonntagsmusiken“, halb öffentliche Matineen in ihrem Gartensaal. Dort dirigierte sie Chöre und Orchester. Trotzdem ist sie für viele bis heute vor allem die Schwester von Felix Mendelssohn.

Das Kinderopernhaus Lichtenberg widmet der Ausnahmekünstlerin einen ganzen Abend. 28 Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren haben sich seit August wöchentlich mit Fanny Hensel auseinandergesetzt. Sie haben Rollenbilder hinterfragt, viel über Geschichte gelernt und Lieder der Komponistin einstudiert. „Fanny! Wer will mir wehren zu singen?“ heißt das Programm, das in der Neuen Werkstatt der Staatsoper Unter den Linden zu erleben ist.

Halskrause, Affenschaukel, Schleife im Haar, so kommt Fanny Hensel auf die Bühne. Nicht ein Mal, sondern in Dutzenden von Varianten. Das stilisierte brave Mädchen von damals wirkt so beängstigend fremd. Die vielen Fannys auf den Kinderstühlen fangen an zu summen, dann lauthals zu singen: „Es fällt ein Stern herunter“ und „Wenn der Frühling kommt“. Die Regisseurin Cordula Däuper findet stimmige Bilder für den täglichen Bildungsdrill, dem die Kinder im Hause Mendelssohn ausgesetzt waren. Sie lässt die Kinder über die Bücher zur Mädchenerziehung von damals staunen und die witzigen Briefwechsel zwischen den Geschwistern rezitieren. Als Machtwort aus dem Lautsprecher kommt der Brief des Vaters zu Fannys 16. Geburtstag, in dem er unmissverständlich erklärt, dass Felix Musiker wird und Fanny Hausfrau und Mutter.

Erstmals beschäftigt sich das Kinderopernhaus mit einem weiblichen Vorbild. Die Kinder reagierten begeistert. Das mehrfach preisgekrönte Kinderopernhaus ist ein Projekt der Caritas. Die Kooperation mit der Staatsoper hebt es auf ein ganz anderes Niveau. Sarah Aristidou und Corinna Scheurle aus dem Opernstudio engagieren sich mit ihren professionellen Stimmen für Fanny Hensel. Tobias Schwencke, Magdalena Heinz und Julian Bachmann lassen ihr beeindruckendes Klaviertrio erklingen. Im Mittelpunkt stehen aber immer die Kinder, die am stärksten sind, wenn sie aus ihren historischen Rollen fallen, ihre eigene Meinung mitteilen und die braven Schleifen zertrampeln. Am Ende zetteln sie die Rebellion an, die zu Fannys Zeiten noch nicht möglich war.

Staatsoper Unter den Linden, Neue Werkstatt im Intendanzgebäude in Mitte. Telefon 20 35 45 55 Termine: 13. bis 15. April