Hilsdorfs "Die Walküre" in Düsseldorf mit einigen Längen

29. Januar 2018 - 13:41 Uhr

Düsseldorf – Großer Jubel für die Musik und eine Mischung aus Buhs und Bravo-Rufen für die Regie: Beim Schlussapplaus nach der Premiere von Richard Wagners "Die Walküre" im Düsseldorfer Opernhaus am Sonntagabend war schwer nachzuvollziehen, was die Buh-Rufer empört haben könnte. Denn auch der zweite Abend von Dietrich W. Hilsdorfs Neuinszenierung der "Ring"-Tetralogie bietet zwar ein delikates Kammerspiel mit einigen spitzfindigen Details, aber kaum Provozierendes, geschweige denn eine radikale Neudeutung.

"Die Walküre"

"Die Walküre"

Das "Rheingold" hatte Hilsdorf im vergangenen Sommer demonstrativ leicht, ja komödiantisch angelegt. Auch in der "Walküre" rahmt Bühnenbildner Dieter Richter das Portal erneut mit einem Kranz von bunten Glühbirnen wie im Varieté. Aber wenn der Vorhang hochgeht, fällt fahles Licht in einen bunkerartigen Schutzraum, der Hitlers Wolfsschanze nachempfunden ist. Pyronebel wabert schwer durch den Bunker, an der rechten Bühnenseite flackert Feuer aus einer Kochstelle, daneben eine kleine Tür, die in einen multifunktionalen Nebenraum führt.

Bereits im Vorspiel inszeniert Hilsdorf ein kleines Ehedrama: Hunding, der sich laut Libretto erst viel später einfindet, kommt hier schon im Vorspiel nach Hause, hängt seinen Mantel an das Schwert Nothung, das ihm als Kleiderhaken dient. Er verlangt von seiner Frau Sieglinde etwas zu trinken, bedrängt sie, woraufhin sie sich angeekelt losreißt. Damit erzählt Hilsdorf die Voraussetzung der folgenden Konflikte in aller Kürze.

Später versammelt er wie in einer psychoanalytischen Versuchsanordnung häufig mehr Personal auf der Bühne als von Wagner vorgesehen ist. Und wie schon in seiner Essener Inszenierung der "Walküre" vor neun Jahren wird auch an der Rheinoper die lange Tafel zum Epizentrum der familiären Konflikte der dem Untergang geweihten Sippe.

Manche Ideen sind allerdings fragwürdig: Warum tätschelt Siegmund im zweiten Aufzug immer wieder Sieglindes hochschwangeren Bauch, obwohl sie doch erst im dritten Aufzug von Brünnhilde erfährt, dass sie schwanger ist? Und warum ist der tote Hunding als Puppe an der Tafel sitzen geblieben? Und was macht der abgestürzte Hubschrauber in der Machtzentrale, außer als Verweis zu dienen auf Francis Ford Coppolas Film "Apokalypse Now"? Auch der Brünnhilden-Felsen, den Wotan mit Feuer umgibt, ist hier ein arg defensives, ereignisloses Bild, denn Linda Watson bleibt einfach auf ihrem Stuhl sitzen.

So gibt es einige Halbheiten an diesem Abend, der sich auch immer wieder bedenklich zieht. Das liegt allerdings auch an Axel Kober im Graben, der die Düsseldorfer Symphoniker zwar zu hoch differenzierter Farbgebung, Transparenz und dynamischer Disziplin ermuntert, aber häufig den Spannungsfaden reißen lässt und sich Wagners fiebrigem Sog ziemlich konsequent verweigert.

Das groß besetzte Sängerensemble ist insgesamt famos, besonders überzeugend ist Simon Neals markanter, anrührend spielender Wotan, gefolgt von Elisabet Strids leuchtender Sieglinde. Corby Welch singt einen sehr lyrischen Siegmund, der in der Attacke noch zulegen kann, während Linda Watson als Brünnhilde flirrend scharfe und in der Höhe ungenaue Töne abliefert, das Walküren-Oktett klingt außergewöhnlich präzise und homogen.

(Von Constanze Schmidt, dpa/MH)

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