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"Lohengrin" von Sciarrino zum Jubiläum der Osterfestspiele

Zum 50-Jahre-Jubiläum von "Karajans Osterfestspielen" brachten die künstlerisch Verantwortlichen Christian Thielemann und Peter Ruzicka den "Lohengrin" auf die Bühne. Allerdings nicht jenen von Wagner, sondern den von Salvatore Sciarrino. Der Italiener hat aus dieser romantischen Mythologie ein Ein-Frauen-Psychogramm gemacht, das auch 25 Jahre nach der Uraufführung begeisterte und verstörte.

Zwei mal am heutigen Palmsonntag steht dieser "Lohengrin" auf dem Spielplan, aber schon die Nachmittagsvorstellung war alles andere als ausverkauft. Im Lauf der 70-minütigen Aufführung lichteten sich die Reihen noch zusätzlich - schon lange nicht mehr wurden derart viele Zuschauer beim polternden Verlassen des Saales beobachtet. Gute Gründe dafür gab es nicht. Denn was Dirigent Peter Tilling und das Österreichische Ensemble für neue Musik (OENM) auf die vom künftigen "Jedermann"-Regisseur Michael Sturminger organisierte Bühne gebracht haben, war zumindest eines: Hoch professionell.

Mehr noch: Sturminger und seine Kostüm- und Bühnenbildner Renate Martin und Andreas Donhauser (donmartin supersets) haben die zerbrechlich-brutale Figur der "Elsa" dem Sciarrino-Textbuch entsprechend als eine Mischung aus spät pubertierender Lolita und sinnsuchender Hysterikerin gezeichnet. Und in der deutschen Sopranistin Sarah Maria Sun haben sie dafür die denkbar geeignetste Interpretin gefunden. Die 39-Jährige hat nicht nur die (wenigen) Gesangslinien Sciarrinos souverän bewältigt, sie hat vor allem auch dessen lautmalerische Anweisungen zum Zischen, Gurren, Zwitschern oder Grunzen und den italienischen Text in den permanenten Rollenwechseln großartig wieder gegeben. Und - nicht zuletzt - Sarah Maria Sun passte in ihrer Körperlichkeit absolut glaubwürdig in die Rolle der 18-jährigen "Elsa", die am Ende ihr inneres Kind ermordet und "endlich" erwachsen wird.

Der "Herrenchor" mit Shan Huang (Tenor), Rupert Grössinger (Barition) und Alexander Voronov (Bass) komplettierte das Ensemble, für das Sciarrino nicht nur seine einzigartig filigranen Klangbilder geschrieben, sondern auch Originalmusik von Claudio Monteverdi in leicht bearbeiteter Form eingeflochten hat. Nach 70 Minuten brandete berechtigter Applaus auf für ein Stück, das sich dem genussvollen Konsumieren gänzlich verschließt. Dem analytischen Mitdenken aber nicht.

(S E R V I C E - "Lohengrin" - Unsichtbare Handlung für Solistin, Instrumente und Stimmen von Salvatore Sciarrino. Premiere bei den Salzburger Osterfestspielen: 9. April in der Großen Aula der Universität. Textbuch: Salvatore Sciarrino und Jules Laforgue. Musikalische Leitung: Peter Tillig. Es musizierten das Österreichische Ensemble für neue Musik sowie der "Herrenchor" Shan Huang, Rupert Grössinger und Alexander Voronov. Inszenierung, Bühne und Kostüme: Michael Sturminger, Renate Martin und Andreas Donhauser. "Elsa": Sarah Maria Sun. http://www.osterfestspiele-salzburg.at.)

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