„Daaahling, this is faaabulous!“ und dazu ein entzücktes Verdrehen der Augen. Das ist Bewunderung à la Hollywood und gleichzeitig das passende Urteil für das, was Regisseur Peter Lund und Arrangeur Kai Tietje aus Ralph Benatzkys 77. Operette gezaubert haben: Axel an der Himmelstür auf der Bühne und das Publikum auf Wolke sieben.

Dieses Werk, das sich bei der Uraufführung im Theater an der Wien 1936 noch zeitgeistig „musikalisches Lustspiel“ nannte, jedoch mit jazzigen und swingenden Elementen schon ein wenig das Musical vorwegnahm, hat laut Programmheft im Original eine seichte, wenig schlüssige Handlung zu üppig orchestrierter, dafür in Eile komponierter Musik. Seinen enormen Erfolg schuldete es, bei allem Respekt für den Hitfabrikanten Benatzky und seine Librettisten (Paul Morgan und Adolf Schütz, Gesangstexte von Hans Weigel), wohl eher dem Umstand, dass neben dem damaligen Bühnenliebling Max Hansen eine halbnackte Schwedin Aufsehen und mehr erregte.

Mit viel Liebe und Sachverstand haben nun die Herren Lund und Tietje das Stück dramaturgisch und musikalisch so überarbeitet, dass es im Hier und Jetzt für sich stehen kann und (hoffentlich) jenen Stellenwert bekommt, der ihm musikhistorisch zusteht: als jene Wiener Operette, in der der spätere UFA-Star Zarah Leander den Durchbruch auf einer deutschsprachigen Bühne feierte und gleichzeitig einer der letzten Höhepunkte dieses Genres, bevor es mit vielen seiner Künstler dem Nationalsozialismus zum Opfer fiel.

Es geht in dieser Neufassung um den Möchtegern-Klatschreporter Axel Stiftelmayer/Swift, der es mit List und Verkleidung schafft, sich eine Einladung in die Villa einer gewissen Gloria Mills zu erpressen. Diese ist von Beruf exaltierte, öffentlichkeitsscheue Filmdiva à la Greta Garbo und hat dazu ein berüchtigt schlechtes Händchen bei der Auswahl ihrer Liebhaber; der aktuelle Prinz entpuppt sich gar als treuloser Heiratsschwindler. Tröstet sie sich am Ende (nach Selbstmordgedanken, viel Aufregung und Kriminalpolizei im Haus) vielleicht mit diesem Axel, der auf der Jagd nach dem Interview mit ihr ständig seine Freundin versetzt? Gelingt letzterer die Rache mit einem Krautfleisch kochenden Ottakringer Friseur, auf den man „Visionär“ reimt? In Holly-Holly-Hollywood, dem von den neu erfundenen „Hollywood Harmonists“ besungenen Ort der Handlung, scheint nichts unmöglich, auch wenn man „Gebundene Hände“ hat. Wer weiß? Vielleicht wäre Wien wirklich noch schöner, stünde der Stephansdom nicht nur beim Walzer am Donauufer.

Dass sich das alles auf wundersame Weise zusammenfügt, dafür sorgen Peter Lunds geistreiches Libretto und die bis ins letzte Detail durchchoreographierte Personenregie. Es prickelt die Spannung, es perlen die Pointen, aber zum Gesamtkunstwerk wird diese Inszenierung nicht zuletzt durch die elegante visuelle Umsetzung, die bis auf die Schlussszene konsequent in Schwarz-Weiß gehalten ist und nur mit wenig silbrigem Glanz und Glitzer aufwartet. Dafür begeistern die von Daria Kornysheva entworfenen Roben ebenso wie die witzigen Anzüge der Herren in Schnitt und Material. Bühnenbildner Sam Madwar gestaltet das Diven-Domizil mit Freitreppe und grafischen Mustern und Andreas Ivancsics bespielt die Kulisse mit Videos, welche mit dem „echten“ Bühnengeschehen geradezu verschmelzen: Mitunter reichen wenige virtuelle Striche, eine Gefängnistür darzustellen.

Musikalisch vollendet Lorenz C. Aichner am Dirigentenpult mit leichter Hand jenen Erfolg, für den Kai Tietje mit seiner musikalischen Bearbeitung das Fundament legte. Die Entscheidung, die originale Orchestrierung zu verschlanken und den Sängern Mikrophone zu geben, ist gut, weil sie die Textverständlichkeit erhöht und das so erzeugte Klangbild zu dem ein wenig ins Musical gehenden Stil passt; zudem profitieren die schmissigen Nummern davon, dass man sie aus Rücksicht auf die Sänger nicht künstlich klein halten muss.

Die Leistungen in den (zugegebenermaßen nicht besonders anspruchsvollen) Gesangsnummern waren am Premierenabend tadellos, und auch schauspielerisch und tänzerisch bekam man von allen Beteiligten weit mehr als das Erwartbare geboten; besonders gefiel der Paso Doble, mit dem Bettina Mönch als langbeinige Diva den auch körperlich kleinen Axel umtanzte. Der Anspruch an Mönch, den „größten Filmstar aller Zeiten“ darzustellen, ist natürlich enorm, doch meisterte sie ihre Aufgabe mit Klasse: Die Eleganz, das Herrische, Outrierte und dann wiederum die Verletzlichkeit der Gloria Mills kamen sowohl in den Sprech- als auch in den für Mönchs Stimme maßgeschneiderten Gesangslinien bestens zur Geltung. Als tricksender und gewitzter Reporter Axel gefiel Andreas Bieber mit viel Charme und Beweglichkeit. Johanna Arrouas spielte dessen Freundin Jessie Leyland mit der ihr eigenen schrillen Komik, Boris Eder den Friseur Theodor Herlinger mit abgeklärtem Humor. Auch die übrigen Partien waren bestens besetzt, wobei die „Hollywood Harmonists“ gleich mehrere davon zu bewältigen hatten.

Einhelliger Jubel für alle, insbesondere das Regieteam. Hier wurde ein Klassiker geschaffen, den man sich immer wieder gern ansehen wird.

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