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Drei Aufführungen im April Maria Stuarda am Theater Bremen: Stimmig inszeniert

Inhaltlich simpel, musikalisch durchschnittlich: "Maria Stuarda" von Gaetano Donzetti ist kein dankbares Stück für Regisseure. Anna-Sophie Mahler hat es trotzdem gewagt. Eine Kritik von Iris Hetscher.
04.04.2016, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Maria Stuarda am Theater Bremen: Stimmig inszeniert
Von Iris Hetscher

Inhaltlich simpel, musikalisch durchschnittlich: "Maria Stuarda" von Gaetano Donzetti ist kein dankbares Stück für Regisseure. Anna-Sophie Mahler hat es trotzdem gewagt. Eine Kritik von Iris Hetscher.

In der Saison 2014/15 reichte das Bremer Theater seinem Publikum einen prickelnden „Liebestrank“; Michael Talke interpretierte Gaetano Donziettis (1797-1848) komische Belcanto-Oper „L’Elisir d’Amore“ als aberwitziges Spiel um Illusionen aller Art und landete damit inszenatorisch wie musikalisch einen Punktsieg. Jetzt gibt es erneut Donzetti im Großen Haus.

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Dieses Mal hat das Theater aus den 70 Opern des Komponisten „Maria Stuarda“ ausgewählt – ein Werk, das selten auf den Spielplänen steht, aber in Bremen die Opern- mit der Schauspielsparte verlinkt: Im Kleinen Haus wird am 23. April Friedrich Schillers „Maria Stuart“ wieder aufgenommen.

Inhaltlich simpel

Das ist sicher interessant für diejenigen, die beide Produktionen vergleichen wollen – Schillers Stück diente als Vorlage für das Libretto der Donizetti-Oper –, täuscht aber nicht darüber hinweg, das „Maria Stuarda“ ein musikalisch durchschnittliches und inhaltlich fast schon ärgerlich simples Werk ist. Das Drama ist auf eine Dreiecksgeschichte heruntergedimmt, die um die beiden Sopran-Hauptpartien und den Tenorpart des Grafen Leicester (in Hochform: Hyojong Kim) herumgebaut ist. Keine leichte Aufgabe für Anna-Sophie Mahler (Regie) und Olof Boman am Pult der flott und konzentriert aufspielenden Bremer Philharmoniker – doch beide holen aus dem Stück heraus, was herauszuholen ist und bescherten dem Premierenpublikum einen durchaus unterhaltsamen Abend.

Die größte Last dabei schultern Patricia Andress in der Titelpartie und Theresa Kronthaler als ihr Widerpart, Elisabetta, Königin von England. Eine kluge, geradezu exquisite Wahl, die am Sonnabend nur dadurch geschmälert wurde, dass Patricia Andress angeschlagen war und vor allem in den kraftraubenden Arien am Ende des zweiten Akts mit gebremstem Schaum sang. Es gelang ihr trotzdem, die unglückliche Maria, die am Hof ihrer Halbschwester Zuflucht zu hoffen findet, als kapriziöse, stolze und zum Schluss beinahe von innen heraus verklärt leuchtende Frau zu zeigen. Wenn Andress wieder komplett bei Stimme ist, dürfte sich auch das sangliche Duell mit Kronthaler intensiver gestalten. Am Premierenabend war es an Kronthaler, ihren kräftigen Mezzo in allen Facetten leuchten und souverän durch alle Verzierungen spazieren zu lassen – damit knüpft sie nahtlos an ihre Leistung als „Carmen“ aus der vergangenen Spielzeit an, ebenfalls in der Regie von Anna-Sophie Mahler.

Mahlers Inszenierung überzeugt musikalisch komplett

Mahler streicht in ihrer Inszenierung die Kontraste zweier Frauen heraus, die umeinander kreisen, die jeweils andere beneiden und in all ihrer Unterschiedlichkeit nicht voneinander lassen können. Beide sind Königinnen mit Anspruch auf Macht und exklusiven Status, beide suchen aber auch Nähe und Liebe. Letzteres gelingt Maria, der Katholikin, besser. Sie darf daher ein orange-farbenes Sommerkleid tragen, Elisabetta dagegen ist in ein strenges graues Ensemble gehüllt, der gestärkte Kragen das einziges Zeichen ihrer königlichen Herrschaft. Ein Hochzeitskleid passt da nicht ins Konzept, sie schüttelt es angewidert ab.

Auch der wie immer tadellose Chor als Hofstaat ist in protestantisch karges Büro-Grau gehüllt, fast farblos auch die Aufmachung der vier Nebenpartien (Kostüme: Geraldine Arnold). Wo Maria sich lässig auf die Tischkante setzt, stakst Elisabetta in ihren mit Metallspitzen bewehrten Pumps über die Bühne, tastet sich an der Wand entlang, das Kinn nach oben gereckt, um Kontrolle bemüht. Die verliert sie zum Schluss, als sie die Halbschwester zum Tode verurteilt – aus Eifersucht und Neid, so das Libretto. Maria, Königin ohne Staat, triumphiert in Tragik, Elisabetta bleibt allein; es zerreißt sie fast zwischen Pflicht und Gefühl, obwohl die Gefahr, die von der lange den Thron für sich reklamierenden Maria ausging, nun gebannt ist.

Das alles findet statt auf einer Bühne, die Duri Bischoff dem Pausenraum einer heruntergekommenen Fabrik nachempfunden hat – scheußlich, aber funktionsfähig und ausreichend für Elisabetta, die eher Bürovorsteherin denn Königin ist. Die Uhr ist kaputt, das Neonlicht erhellt Wände mit Wasserflecken, von denen grüne Farbe abblättert. Durch Jalousien ist dieser Raum von anderen, identischen getrennt – Marias Kerker sieht genauso aus. Merke: Natürlich sitzt auch Elisabetta eigentlich in ihrem ganz persönlichen Gefängnis. Die Schwestern werden sich im Laufe des Abends in diesen Räumen verlieren, konfrontiert mit immer neuen Spiegelungen ihrer selbst. Das ist dann doch eine etwas effekthascherische Steigerung der Idee, dass die eine nicht ohne die andere sein kann. Ansonsten ist Mahlers „Maria Stuarda“ eine durchaus stimmige Inszenierung, die musikalisch komplett überzeugt.

Die nächsten Termine: 7. April, 19.30 Uhr; 10. April, 15.30 Uhr; 17. April, 18 Uhr.

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