Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Ferdinand Neumüller

Aktuelle Aufführungen

Mitreißende Tanz-Show

A CHORUS LINE
(Marvin Hamlisch)

Besuch am
24. März 2016
(Premiere)

 

 

Stadttheater Klagenfurt

Step, kick, kick, hop, touch, turn …“:  Wieder beginnt die gesamte Company auf Anweisung des Choreographen und Regisseurs die Tanzfolge zu wiederholen. Diesmal durchaus schon besser. Und sofort geht es schweißtreibend ohne Pause weiter: „Five, six, seven, eight ...“. Gleich so temporeich startet das Musical A Chorus Line am Stadttheater Klagenfurt.

Und da ist dieser lange, weiße gefürchtete Strich quer über die Bühne, der die Linie markiert, auf der sich die Kandidaten, die im Chor mitsingen und tanzen wollen, aufzustellen haben. Hier entscheidet sich das Schicksal, ob jemand dabei sein wird. Das Casting ist gnadenlos, denn von den 26 Kandidaten werden nur acht gebraucht. Genau davon handelt A Chorus Line nach einer Idee von Michael Bennett, mit Musik von Marvin Hamlisch, das zu den erfolgreichsten Broadway-Musicals überhaupt zählt und dort durchgehend von 1975 bis 1990 über 6.100 Mal aufgeführt wurde. Es handelt auch davon, dass die Bewerber alle aus ihrem Leben erzählen müssen. Ein voyeuristischer Blick in fremde Schicksale. Das machen sie gewürzt mit Gags teils witzig, teils gewollt schüchtern, teils arrogant, teils berührend, in relativ gutem Deutsch – die Übersetzung stammt von Michael Kunze – nur dass so manchem ausufernden Dialog einige Striche ganz gut getan hätten.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Baayork Lee, die bei der Uraufführung 1975 am Broadway die Conny Wong gespielt hat, die dieses sehr amerikanische Musical wie ihre Westentasche kennt und schon rund 40 Mal inszeniert und choreographiert hat, bringt ihre reiche Erfahrung ein: Es genügen ihr eine leere Bühne, eben ein Probenraum mit einer drehbaren Spiegelwand im Hintergrund, und diverse Lichtstimmungen als Ausstattung, die Bühne stammt von Robin Wagner, die Kostüme von Theoni V. Aldredge, um spektakuläre Tanzszenen zu zeigen. In fantasievollen und abwechslungsreichen Formationen wird ohne Ausnahme exzellent, temporeich und sprühend vor ansteckender Vitalität getanzt: Alles wirkt wie eine Liebeserklärung an den Tanz.

Foto © Ferdinand Neumüller

Das Kärntner Sinfonieorchester ohne Streicher, dessen Musiker zur perfekten Big Band werden, unter Günter Wallner sorgt nicht nur beim Ohrwurm und eigentlich einzigem Hit One für den richtigen Drive und fetzigen Sound.

Das Hauptproblem bei der Besetzung eines Musicals ist immer wieder, Protagonisten zu finden, die Tanz, Schauspiel und Gesang in einer Person optimal vereinen können. All das trifft auf Sarah Bowden als Cassie zu. Sie tanzt auch als einzige ein langes Solo und spielt nicht nur großartig, sie hat das richtige feeling und singt hinreißend. Hervorstechend aus dem insgesamt sehr guten Ensemble, für das die gewünschten, unterschiedlichsten Typen ideal ausgesucht wurden, sind Caroline Ciglenec als Val, Melanie Böhm als Judy, Reginald Jennings als Richie sowie Carsten Lepper als castender Regisseur Zach. Allerdings muss bei einigen wenigen anderen doch auch auf sängerische Defizite hingewiesen werden.

Fazit: Eine pausenlose, perfekte und fetzige Show und ein vom Publikum begeistert mit stehenden Ovationen aufgenommener, vergnüglicher Abend.

Helmut Christian Mayer