Bis an sein Lebensende hat Richard Wagner den Plan verfolgt, seiner von ihm mehrfach umgearbeiteten Oper "Der fliegende Holländer" eine endgültige Gestalt zu geben. Weil er sein Vorhaben nicht mehr in die Tat umsetzen konnte, erweist sich die jetzt im Theater an der Wien gespielte Pariser Urfassung von 1841 als klanglich und stilistisch einheitlichste Version, die den späteren verklärenden Erlösungsschluss noch nicht kennt.

Diese zu seinen Lebzeiten nie aufgeführte, erst 1983 veröffentlichte Fassung spielt nicht in Norwegen, sondern in Schottland, weshalb Daland Donald heißt und Erik den Namen Georg trägt. Sie ist, im Gegensatz zu der in drei Akte gegliederten Version der Dresdner Uraufführung von 1842, ein durchkomponierter Einakter in der Form einer dreistrophigen Ballade. Und Senta singt ihre zentrale Ballade in a-Moll, also um einen Ganzton höher, was der mit glühender Intensität beeindruckenden Ingela Brimberg kaum Mühe bereitet.

Historische Instrumente

Weil Wagner für eine erhoffte Aufführung in Paris komponiert hat, orientiert sich sein Orchesterklang an jenem der Grand Opéra. Seine Erweiterung des Klangfarbenspektrums durch den charakterisierenden Einsatz von Natur- und Ventilinstrumenten bei den Hörnern und Trompeten kommt im Theater an der Wien prägnant zur Geltung, weil im Graben mit den Musiciens du Louvre eine der brillantesten Originalklangformationen musiziert, die statt der viel lauteren Tuba die nasale Ophikleide als Bassinstrument der Blechbläser einsetzt. Marc Minkowski führt seine virtuose Truppe mit Verve zu einem transparenten und wendigen Klang, dem es nicht an Dramatik mangelt, der aber nicht im wuchtigen Pathos ersäuft.

Das ermöglicht auch den Einsatz leichterer Stimmen wie jene des prachtvollen lyrischen Tenors von Bernard Richter als Georg. Mit agilem Bass zeichnet Lars Woldt den geldgierigen Händler, wuchtig schmettert Samuel Youn die Verzweiflung des Titelhelden in den Saal, fabelhaft singt der Arnold Schoenberg-Chor.

Im wandlungsfähigen, atmosphärischen Bretter-Bühnenbild von Pierre-André Weitz zeigt Regisseur Olivier Py Theater auf dem Theater. Er inszeniert die Handlung als Rückblick, fasst den Holländer als einen Mythos auf und bringt als zusätzliche Figuren Satan und einen Engel auf die Bühne. Seine fantasievolle Inszenierung will kein Erlösungsdrama sein, sondern eine Parabel über die Kunst und ihre Wirkung, die deutlich mit Senta als Alter ego Wagners sympathisiert.

ERNST NAREDI-RAINER