Bremen - Peter Grimes ist zum Scheitern verdammt: Im Dorf hält man den Fischer für einen, der über Leichen geht. Zwei seiner Gehilfen kamen unter nicht geklärten Umständen ums Leben. Vor Gericht wird er mangels Beweisen freigesprochen. Aber die Gerüchte bleiben. Lediglich Ellen Orford hält zu ihm. Trotzig hält der Einzelgänger an seinem Plan fest, trotz Sturm hinauszufahren und den großen Fang zu machen, der die Dorfgemeinschaft zum Schweigen bringen wird. Gegen den Zorn der Masse kommt er allerdings nicht an.

Die düstere Fabel hat Benjamin Britten für seine 1945 uraufgeführte Oper in eine dramatische Musik gekleidet, die das Seelenleben ihres Protagonisten ebenso widerspiegelt wie die raue Landschaft, in der die Geschichte spielt. In Bremen hat der Regisseur Marco Štorman Brittens Werk in einer spannenden Inszenierung auf die Bühne gebracht, die Grimes’ Geschichte psychologisch deutet. Vier stumme Lehrjungen stehen für seine verlorene Kindheit, die fratzenhaft überzeichneten Dorfbewohner erinnern an Figuren aus David-Lynch-Filmen (Kostüme: Sara Schwartz) und offenbaren Grimes’ Sicht auf die Gesellschaft. Ein Haus im Wasser (Bühne: Anna Rudolph, Dominik Steinmann) erlaubt als „Seelenraum“ einen Einblick in Grimes’ Selbst.

Gastsänger Will Hartmann zeichnet in der Titelrolle mit beeindruckender stimmlicher Gestaltungskraft die psychologische Entwicklung von Grimes nach, während Patricia Andress mit herausragendem Gespür für die Zerbrechlichkeit der Ellen Orford besticht.

Auch in den weiteren Partien ist die Produktion bestens besetzt, wobei vor allem Christian-Andreas Engelhardt als sinistrer Prediger, Patrick Zielke als aufgeblasener Bürgermeister und Anwalt Swallow und Nathalie Mittelbach als zynische Wirtin höchsten Ansprüchen genügen.

Zu loben sind besonders der Chor des Bremer Theaters, der mit enormer Wucht und Präzision agiert (Leitung: Daniel Mayr), und die Leistung der Bremer Philharmoniker unter GMD Markus Poschner, der die heftigen Effekte der Musik Brittens ebenso souverän herausarbeitet wie die fragilen Atmosphären. Am Ende gab es langen, begeisterten Applaus.