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Premiere Mythologie beklemmend aktuell

Annkatrin Babbe

Bremen - Weiße Kacheln, rotes Blut – beklemmend ist die Atmosphäre in dem kargen, weißen 60er-Jahre-Motel vor düsterer Meereskulisse. Ein Entrinnen scheint in den Räumlichkeiten auf der Insel im Nirgendwo kaum möglich. Szenarien aus Horrorfilmen drängen sich auf in dieser Inszenierung von Georg Friedrich Händels Oper „Oreste“ am Theater Bremen, die am Sonntag Premiere feierte.

Brutale Regentschaft

Als eine „Studie über das Dunkle im Menschen“, das wir lieber verdrängen, als es in den „mühsam ausgeglichenen Seelenhaushalt zu integrieren“, versteht das Regieteam um Robert Lehniger die Oper. Er entdeckt in dem Stoff aus der griechischen Mythologie nicht zuletzt Bezüge zu aktuellen Fällen von unerklärbarer menschlicher Grausamkeit.

Man befindet sich auf der Insel Tauris, dem Reich von König Thoas (Patrick Zielke). Archaisch und brutal ist seine Regentschaft. All jene Triebe und Affekte, die zivilisierte Gesellschaften unter Kontrolle wissen wollen, lebt der Despot frei aus: Vor Gewalt schreckt er nicht zurück, seinen Diener Philoktet (beeindruckte mit sonorem Vortrag: Christoph Heinrich) richtet er ab wie einen Hund, Frauen nimmt er sich, wie es ihm gefällt. Dass ihm vom Orakel prophezeit wurde, durch Orest getötet zu werden, nimmt er außerdem zum Anlass, alle Fremden, die seine Insel betreten, durch die Opferpriesterin Iphigenie (Marysol Schalit) auf immer neue, ausgefallene Art und Weise hinrichten zu lassen.

In diese Umgebung gelangen Orest (Ulrike Mayer), dem wiederum vorausgesagt wurde, dass er auf Tauris Erlösung von seinen Erinnerungen an die blutige Vergangenheit und von den damit verbundenen Albträumen finde, sowie seine Braut Hermione (stimmlich überzeugend, in der Höhe teils ein wenig schrill: Nerita Pokvytytė) und sein Freund Pylades (präzis und wendig in der Höhe: Hyojong Kim).

Schon in Händels Musik sind detaillierte Zeichnungen der Charaktere angelegt. Kraftvoll und mächtig sind etwa die Arien Thoas’ ausgestaltet, dem Patrick Zielke im Mafioso-Anzug mit seinem kernigen Bass Ausdruck zu verleihen weiß. Die für Iphigenie gewählten Arien geben der Figur Tiefe und Ausstrahlung, Sie verkörpert so viel mehr als die bloße Handlangerin Thoas’. Mit virtuoser Leichtigkeit und warmem Timbre kann Marysol Schalit in dieser Rolle beeindrucken. Ulrike Mayers edler Mezzoklang eignet sich daneben wunderbar für Orest.

Kraftvolle Akzente

Ausgesprochen lebhaft ist der Händelklang der um weitere historische Instrumente erweiterten Bremer Philharmoniker unter der Leitung Olof Bomans. Kernig und frisch, mit kraftvollen Akzenten, kommt die Musik unter Bomans energiegeladenem Dirigat daher und klingt fast schon zu schön für die Bühnenhandlung.

Dennoch greifen Musik, Regie und Bühnenbild in dieser Inszenierung stimmig ineinander. Die triste, surreal anmutende Umgebung (Bühnenbild/Kostüme: Irene Ip) bietet eine gute Spielfläche für Regisseur Robert Lehniger, der über Videoeinspielungen nicht nur eine weitere Bildebene, sondern auch weitere Deutungsmöglichkeiten einbringt. Lösungen und ein Happy End sucht man nach fast drei Stunden vergeblich: Die menschliche Grausamkeit bleibt unerklärbar.

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