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Musikfestspiele
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Tiroler Festspiele Erl Sommer

10.07.2014 - 03.08.2014

Die Walküre

Erster Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen
Musik und Dichtung von Richard Wagner

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 4h 30' (zwei Pausen)

Premiere im Passionsspielhaus am 19. Juli 2014

(rezensierte Aufführung im Rahmen des HPH-24-Stunden-Rings: 02.08.2014)

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Tiroler Festspiele Erl
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Feuerzauber mit Harfenistinnen

Von Thomas Molke / Fotos von Franz Neumayr

Wenn man bedenkt, dass der 24-Stunden-Ring eigentlich mit dem Rheingold bereits am Freitag um 19.00 Uhr begann und erst am Sonntag um 16.00 Uhr mit der Götterdämmerung endete, wird sich der eine oder andere vielleicht fragen, wieso dieses Projekt 24-Stunden-Ring heißt, obwohl es doch eigentlich insgesamt fast doppelt so lange Zeit in Anspruch nimmt. Die "24 Stunden" dürften allerdings wohl eher auf die drei Tage ohne den Vorabend bezogen sein. Berücksichtigt man also, dass Die Walküre am Samstag um 17.00 Uhr begann, ist die Projektbezeichnung durchaus treffend. So nahm der eigentliche Musikmarathon folglich mit dem Teil der Tetralogie seinen Anfang, der wohl am ehesten ein "Eigenleben" führen dürfte, was zum einen am dramaturgischen Aufbau des Werkes liegt, in dem die Liebe des Wälsungenpaars Siegmund und Sieglinde trotz des inzestuösen Verhältnisses eine Innigkeit erreicht, die keinem anderen Paar in Wagners Musikdramen zuteil wird, das zum anderen aber auch wie kein anderes Stück den persönlichen Schmerz und die Tragik der Figuren spürbar macht.

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Siegmund (Andrew Sritheran) und Sieglinde (Marianna Szivkova) in Hundings Hütte

Passend zu diesem Anlass schien Gustav Kuhn auch noch einen Draht "nach oben" gehabt zu haben. Denn während sich Siegmund aus dem tosenden Sturm der Ouvertüre waffenlos in Hundings Hütte rettet, nahm ein echtes Gewitter vor dem Festspielhaus mit lautem Donnern und Regenprasseln die Geschichte quasi auf. Erst als Siegmund die Winterstürme besang, die dem Wonnemond wichen, zeigte sich auch das Wetter außerhalb des Passionsspielhauses etwas friedlicher, um dann im zweiten Akt bei Siegmunds und Sieglindes Flucht zu einem neuen Gewitter anzusetzen. Doch nicht nur das Wetter passte sich dem Stück an. Auch in den Pausen hatte man auf der Wiese unterhalb des Passionsspielhauses insgesamt acht echte Haflinger auflaufen lassen, die nach den einzelnen Walküren benannt waren. Berücksichtigt man, dass Kuhn auch in jedem Teil des Rings die Erler Kinder als Statisten integriert hat - unabhängig übrigens von der Uhrzeit -, so gewinnt man den Eindruck, dass hier quasi die ganze Stadt nicht nur an den Festspielen beteiligt ist, sondern auch mit ganzem Herzen dahinter steht.

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Wotan (Vladimir Baykov) hat Streit mit Fricka (Hermine Haselböck).

Der erste Aufzug beginnt szenisch ähnlich traditionell wie das erste Bild im Rheingold. Das Bühnenbild von Jan Hax Halama zeigt Hundings Hütte mit rustikaler Essecke auf der rechten Seite und einem Herd auf der linken Seite. Das Schwert steckt zwar nicht in einem Eschenstamm, sondern vorne im Bühnenboden, aber darüber sieht man ebenso leicht hinweg wie über die Tatsache, dass Hunding zum Mahl den Flachbildfernseher anstellt. Die drei Solisten überzeugen in diesem ersten Aufzug sängerisch und darstellerisch. Raphael Sigling gibt mit schwarzem Bass einen eiskalten Hunding, bei dem es nicht verwundert, dass Sieglinde nur Verachtung für ihren Mann empfindet. Marianna Szivkova gestaltet die Partie mit leuchtendem Sopran und hervorragender Textverständlichkeit. Absolut glaubhaft gelingt ihr die Wandlung von der duldsam leidenden Gattin zur bedingungslos liebenden Frau, die sich ohne Rücksicht auf die Konsequenzen mit Siegmund einlässt. Andrew Sritheran stattet den Siegmund mit ordentlichem Heldentenor aus, auch wenn man die "Wälse"-Rufe schon eindrucksvoller gehört hat. Bewegend inszeniert Kuhn den Schluss des ersten Aktes, Von der Decke wird ein weißes Tuch herabgelassen, das über dem Wälsungenpaar wie zu einer Vermählung gespannt wird, um dann auf die beiden herabzufallen und sie beim folgenden Liebesakt zu bedecken, fast so, wie es im Libretto gefordert wird, wenn es heißt, dass der Vorhang sehr schnell falle.

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Wotan (Vladimir Baykov) inmitten der Walküren

Der zweite Aufzug wirft dann szenisch allerdings einige Fragen auf. Wieso Brünnhilde in ihrem Kostüm mit der schwarzen Kappe und der Gerte eher wie eine Dressurreiterin als wie eine Walküre daherkommt, bleibt unverständlich, zumal Bettine Kampp stimmlich der dramatische Ausdruck für eine Walküre fehlt. Ihre "Hojotoho"-Rufe klingen zwar sauber, allerdings sehr brav. Darstellerisch kann Kampp nicht glaubhaft machen, wie viel Leidenschaft in Wotans Lieblingstochter eigentlich steckt. Auch der Kampf zwischen Hunding und Siegmund wird absolut statisch dargestellt, während Brünnhilde einfach nur hinter Siegmund steht und ihn auffängt, wenn er von Hunding mit einer Pistole erschossen wird. Ein Eingreifen Wotans fehlt ebenso wie Brünnhildes Aufsammeln der Schwertstücke. Liegt es daran, dass die Bühne mit zahlreichen Podesten so unnötig vollgestellt ist? Als musikalischer Höhepunkt des zweiten Aufzugs ist sicherlich Frickas Auftritt zu bezeichnen, in dem Hermine Haselböck mit streiterischem Mezzo glänzt und ihren Gatten in die Knie zwingt. Warum sie allerdings in roter Lack- und Leder-Garnitur auftreten muss, erklärt sich nicht. Als Hüterin der Ehe wirkt sie so jedenfalls nicht. Bei so einer aufreizenden Gattin stellt man sich schon fast die Frage, warum Wotan denn überhaupt fremdgegangen ist.

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Feuerzauber mit Harfenistinnen: Wotan (Vladimir Baykov) und Brünnhilde (Bettine Kampp, liegend)

Während man in der zweiten Pause noch vor dem Passionsspielhaus die acht Haflinger mit den Namen der Walküren bewundern kann, treten die echten Walküren im dritten Akt dann nicht mit Pferden, sondern auf Fahrrädern auf. Dabei sind sie in ihren Kostümen und mit den langen wilden Mähnen wesentlich kämpferischer gestaltet als Brünnhilde. Die erscheint dann mit Sieglinde auch nicht auf einem Fahrrad, sondern mit einem großen Ross aus Pappe, das sie auf die Bühne zieht. Kuhn zelebriert mit dem Orchester der Tiroler Festspiele den Walkürenritt mit kämpferischem Elan, der durch die kräftigen "Hojotoho"-Rufe der acht Interpretinnen noch unterstützt wird. Dass einige auf ihren Rädern einzelne Körperteile der gefallenen Krieger transportieren, passt zu den Schlachtrufen und wird auch von Kuhn auch nicht auf die Spitze getrieben. Für den Feuerzauber hat Halama eine kreisrunde Scheibe entworfen, die in der Mitte der Bühne platziert ist. Durch eine Klappe im Boden tritt der Feuergott Loge mit drei Kindern auf und soll eigentlich einen Feuerkreis entzünden. Auf dieses Feuer verzichtet Kuhn allerdings im Gegensatz zu den folgenden Ring-Teilen. Dafür hat er sechs Harfenistinnen in langen feuerroten Gewändern rechts und links von dieser Scheibe auf der Bühne positioniert, die die schlafende Walküre somit mit einem musikalischen Feuerzauber einschließen, was dem Stück einen bewegenden Abschluss gibt.

Vladimir Baykov stattet den Wotan mit kräftigem Bassbariton aus, der zu tiefen Gefühlsregungen fähig ist, wenn er beispielsweise seiner Tochter im zweiten Aufzug von seinem Schicksal erzählt oder im dritten Aufzug schweren Herzens von seinem "liebsten Kind" Abschied nimmt, nachdem sie ihm noch hat abringen können, dass er sie mit einem Feuerkreis umgibt, damit nur der stärkste Held die Maid erobern kann. Auch Bettine Kampp findet als Brünnhilde an den zarten Stellen mit ihrem Sopran zu einer bewegenden Innigkeit mit ihrem Göttervater. Marianna Szivkova dreht mit ihrem dramatischen Sopran bei "O hehrstes Wunder" noch einmal so richtig auf, so dass es am Ende frenetischen Beifall für alle Beteiligten gibt. Aber eigentlich ist es noch nicht das Ende, da es ja nach 90 Minuten mit Siegfried weitergeht.

FAZIT

Szenisch weist nur der zweite Aufzug einige Schwächen auf. Musikalisch bewegt sich die Inszenierung auf durchgängig gutem Niveau.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung, Regie und Licht
Gustav Kuhn

Bühnenbild
Jan Hax Halama

Kostüme
Lenka Radecky

 

Orchester der
Tiroler Festspiele Erl

Harfenistinnen
Lisa-Maria Hilti
Isabelle Müller
Tatjana von Sybel
Marie Trottmann
Veronica Vacca
Lea Wirtz

Die Erler Kinder

Leitung
Maria Neuschmid

 

Solisten

*rezensierte Aufführung

Siegmund
*Andrew Sritheran /
Johan Weigel

Sieglinde
Veronika Farkas /
Junko Saito /
*Marianna Szivkova

Hunding
Michael Doumas /
*Raphael Sigling

Wotan
*Vladimir Baykov /
Adam Horváth

Brünnhilde
Elena Comottti d'Adda /
Bernadette Flaitz /
*Bettine Kampp /
Mona Somm

Fricka
*Hermine Haselböck /
Anne Schuldt

Helmwige
*Manuela Dumfart /
Sonja Westermann

Gerhilde
Martina Bortolotti /
*Bernadette Flaitz /
Alexandra Sherman

Ortlinde
*Leonora del Rio /
Edit Suta

Sigrune
*Veronika Farkas /
Carolin Neukamm

Roßweiße
Bettina Block /
*Aurora Faggioli

Waltraute
*Anne Schuldt /
Irene Ripa

Grimgerde
*Michaela Bregantin /
Alexandra Sherman

Schwertleite
Alexandra Sherman /
*Alena Sautier

Loge
Sebastian Kerssenbrock

Feuerkinder
Hana Stuckenberger
Hannah Scherlin
Indira-V. Reinstadler

 


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