Bis zum kleinsten Cocktailwürstchen lauter Delikatessen

Kultur / 01.08.2014 • 22:53 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Mit „Gloria von Jaxtberg“ machte der Österreicher HK Gruber nicht nur die Briten glücklich, sondern nun auch seine Landsleute. Foto: VN/Steurer
Mit „Gloria von Jaxtberg“ machte der Österreicher HK Gruber nicht nur die Briten glücklich, sondern nun auch seine Landsleute. Foto: VN/Steurer

„Gloria von Jaxtberg“ ist keine Sauerei, sondern ein Hit im Genre der Kabarett-Oper.

Bregenz. Wobei sich die Frage stellt, ob der Österreicher HK Gruber dieses Genre einst nicht überhaupt erst begründet hat. Sein in den frühen 1990er-Jahren entstandenes Werk „Gloria von Jaxtberg“ verlangt nicht nur ein ausgereiftes Sängerensemble mit enormen schauspielerischen Fähigkeiten, sondern auch ein bestens aufeinander eingespieltes Kammerorchester, das auch in außergewöhnlicher Besetzung in im besten Sinne klassischer Manier zu agieren versteht.

„Gloria von Jaxtberg“, die Geschichte vom eitlen Schwein, das sich fröhlich auf die Schlachtbank legt, um in letzter Minute gerade noch gerettet zu werden, ist von Anfang bis zum Ende derart souverän durchkomponiert, dass selbst die reinen Erzählpassagen wie Musik im Ohr klingen. Und das, ohne an Strawinsky oder andere Meister aus dem frühen 20. Jahrhundert erinnert zu sein. Wo HK Gruber draufsteht, ist auch HK Gruber drin, und dass der „Nali“, wie man ihn nennen darf, zwar tonale Musik schafft, sich dabei aber immer (bzw. auch dann, wenn er bewusst und aus plausiblen Gründen zitiert) absolut im Zeitgenössischen bewegt, davon hat sich das Publikum der Bregenzer Festspiele bereits bei der Uraufführung seiner Oper „Geschichten aus dem Wiener Wald“ vor gut einer Woche überzeugen können.

„Gloria von Jaxtberg“ hat man sozusagen nachgereicht, und dieses Mal ist es wirklich kein Thema, dass man (auch bedingt durch das enge Budgetkorsett) nicht eine eigene Version produzieren konnte, sondern, dass man sie sich aus England holte. Die Mahagony Opera Group und das Buxton Festival sind die Koproduktionspartner dieser Kabarett-Oper bzw. Opern-Satire, die das Publikum im Theater am Kornmarkt mit hörbarer Begeisterung und viel Szenenapplaus aufnahm.

Dass das Libretto (nach einem Märchen) von Rudolf Herfurtner an den Brecht-Spruch von den dümmsten Kälbern erinnert, die ihren Schlachter selbst wählen, hat HK Gruber keineswegs dazu verführt, sich am Brecht-Vertoner Kurt Weill zu orientieren oder gar eine moderne Moritat zu kreieren. Ariose Stellen sind ebenso zu vernehmen wie anspruchsvolle, liedhafte Ensemblepassagen, harte Rhythmen und jazzige Farben.

Wunderbar im Fluss

Das Wichtigste daran: Hier bleibt alles so wunderbar im Fluss, nichts ist nur dem dramaturgischen Ablauf geschuldet, bis zum kleinsten Cocktailwürstchen gibt´s lauter klangliche Delikatessen. Verantwortlich dafür ist freilich auch Dirigent Geoffrey Paterson, der am Pult (mit der witzigen Aufschrift Frank-Furtwängler) das über der Szene postierte Ensemble „Chroma“ ebenso umsichtig leitet wie die Sänger. Diese haben viel zu bieten. Vor allem Gillian Keith, die mit prachtvoller Opernstimme auch noch bestes tänzerisches Können beweist. Sion Goronwy ist als rettendes Wildschwein Rodrigo ein profunder Bass, und wenn Jessica Walker, Andrew Dickinson und Charles Rice in den ulkigsten Wurst-Kostümen schwierige Partien bewältigen, sind die Zuschauer eben glücklich.

Großen Anteil am Gesamt­erfolg hat Regisseur Frederic Wake-Walker, der bei allem Spaß den Ernst in der Geschichte nicht aus den Augen verliert. Wie immer man die kleinen lokalpolitischen Anspielungen bewertet, steht außer Frage, dass der Ironie in der grellbunten Ausstattung von Mamoru Iriguchi Raum verschafft wurde. (Angesichts der eher überflüssigen deutschen Übertitelung bei den wortdeutlich gesungenen „Geschichten aus dem Wiener Wald“ im Festspielhaus fragt man sich allerdings, warum man dem Publikum am Kornmarkt kein solches Angebot gegönnt hat. Es hätte noch viel mehr Lacher gegeben.)

Nächste Aufführung im Rahmen der Bregenzer Festspiele am 2. August, 19.30 Uhr, im Theater am Kornmarkt. Dauer: ca. 80 Minuten