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"Cosi fan tutte": Haneke denkt über Liebe nach

Die Operninszenierung des Oscarpreisträgers war ein Sensationserfolg in Madrid - und jetzt in Wien. "Così fan tutte" heißt "So machen es alle". Haneke sieht das weniger locker.

"Cosi fan tutte": Haneke denkt über Liebe nach
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Sofort einziehen! Allein dieser verspiegelte, gut gefüllte Barschrank! Und der offene Kamin. Und diese Terrasse mit dem italienischen Himmel. Wenn dann auch noch die Sterne leuchten und das Kaminfeuer den Raum in warmes Licht taucht, wird es geradezu magisch in diesem Palast, in dem Don Alfonso eine Party feiert und mit seiner unseligen Wette wegen der Weibertreue vier junge Leute ins Unglück stürzt.

Da haben sich die zwei Richtigen gefunden: Don Alfonso, Zyniker von Lorenzo da Pontes Gnaden, und Michael Haneke, der menschliche Gefühle mit dem Mikrotom seziert. Oder besser drei: Denn die bisherige Hausangestellte Despina spielt in dieser "Così fan tutte" eine denkwürdige neue Rolle. Es ist eine Freude, dass man den Sensationserfolg aus Gerard Mortiers letztem Madrider Jahr nun auch bei den Wiener Festwochen erleben kann. Michael Haneke musste der damaligen Premiere fernbleiben, um in Hollywood seinen Oscar abzuholen, am Montag wurde er im Theater an der Wien gefeiert: von einem begeisterten Publikum, von Bundespräsident und Bundeskanzler "abwärts". Unvermutet richtete damit der nunmehrige Festwochenintendant Markus Hinterhäuser seinem Mentor Gerard Mortier eine Gedenkstunde aus, in der auch Mortiers Wegbegleiter Sylvain Cambreling als Dirigent eine maßgebliche Rolle spielt. Auch so kann sich ein Kreis schließen.

Warum Mozart so spät erwähnt wird? Ja, er hat "Così" komponiert, doch rückt er in den Hintergrund, da sich alles Hanekes präzisen Vorstellungen unterordnet. Mitunter wird das Tempo bis zur Erstarrung eingebremst, eine Generalpause zum Spannungsträger. Sogar der Schöngesang wird in den Hintergrund gedrängt, wenn man etwa an Don Alfonso denkt. William Shimell ist diesmal weniger Opernsänger denn brillanter Schauspieler, als den ihn Haneke schon im Film "Die Liebesfälscher" einsetzte. Sehr jung und wenig bekannt ist das Personal dieser Inszenierung, das Haneke aus Hunderten ausgesiebt hat und in wochenlanger Arbeit zu den tragischen Figuren seiner Vorstellung formte. Aber wie Haneke die zwei Liebespaare durch Zweifel zur Verzweiflung, von Verstörung zur Zerstörung treibt, das wurde in dieser eiskalten Konsequenz und Scharfsichtigkeit nie gesehen.

Bis auf das Orchester - die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen spielt ein wenig unter ihrem Niveau - wurde die Madrider Produktion 1:1 übernommen, sogar der Opernchor eingeflogen. Nur die Bühnenbreite bereitete (lösbare) Probleme, doch auch hier wirkt die großzügige Anlage von Christoph Kanter.

Im Programmheft wirft Michael Haneke mehrere Fragen auf: "Warum hat denn der reiche Herr Alfonso nur diese Despina geheiratet, wo sie doch eine Fremde und 20 Jahre jünger ist als er?" Oder: "Warum sind die Burschen denn ihrer Mädels so sicher?" Es herrscht Kostümfest im Herrenhaus, Moidele Bickel kleidete die jungen Leute in heutigen Chic, viele tragen historische Kostüme, Alfonso könnte ein Doppelgänger da Pontes sein. Als Pierrot schwebt Despina (wunderbar Kerstin Avemo) durch die Geschichte, irgendwie melancholisch und unheilvoll. Ihren männerverachtenden Text, der sich an Fiordiligi und Dorabella richtet, singt sie mitten in Alfonsos Gesicht - ein in Hass verbundenes Paar. Ein handfester Kuss Alfonsos wirkt wie ein Biss. Schonungslos zerlegt Haneke die Liebe der zwei Paare als fatales Machtspiel. Einmal in Schwung versetzt, löst die Intrige um den Partnertausch hochkochende Emotionen aus, das Ganze steuert in Richtung Selbstzerstörung. Anett Fritsch ist eine herausragende Fiordiligi, Paola Gardina (Dorabella), Andreas Wolf (Guglielmo) Juan Francisco Gatell (Ferrando) verkörpern ebenso minutiös Hanekes - und Mozarts - Intentionen. Ein unvergleichlicher Opernabend.

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