Oper

Romantisierung und Zurückweisung

Die Sopranistin Renee Fleming als Arabella in der Oper von Richard Strauss "Arabella" während der Salzburger Osterfestspiele.
Die Sopranistin Renee Fleming als Arabella © picture alliance / dpa / Foto: Neumayr/Mmv
Von Bernhard Doppler · 12.04.2014
Zum allerersten Mal stehen die Stars Thomas Hampson und Sopranistin Renee Fleming jetzt in Salzburg auf der Bühne. In der Liebes-Oper "Arabella" gibt es aber vor allem unter den jungen Sängern Entdeckungen.
Geld spielt für den steinreichen großzügigen Grafen Mandryka keine Rolle ("Teschek, bedien dich!") und als Schwiegersohn saniert er nicht nur die durch Spielschulden verarmte Familie Waldner, sondern ist gleichzeitig auch für deren Tochter Arabella vom ersten Augenblick an der einzig "Richtige". Ohne zu wissen, wer er ist, hatte sich die lebenslustige Frau in den ihr zunächst fremden Mann auf der Straße sofort verliebt.
Und auch für Mandryka war Arabella, von der er zuerst nur ein Bild gesehen hatte, sofort die Traumfrau. Eine Oper für die Schönen und Reichen! So wie man sich wohl auch im exklusiven Salzburger Festspielpublikum fühlt, ein Loblied auf die Ehe, wo es keine Fragen mehr gibt? "Du wirst mein Gebieter sein, und ich dir untertan und dein Haus wird mein Haus sein" himmelt Arabella Mandryka an.
Zu hohe Erwartungen
Vielleicht waren die Erwartungen viel zu hoch! Nach dem Wegzug der Berliner Philharmoniker, für die Herbert von Karajan 1967 die Osterfestspiele gegründet hatte, 2013 nach Baden-Baden hatte man sich sehr über Christian Thielmann und die Staatskapelle Dresden als Ersatz dafür gefreut, einzigartig vor allem in der Richard-Strauss Interpretation. Mit den amerikanischen Sängern Renée Fleming und Thomas Hampson schien zudem die Idealbesetzung für das Paar Mandryka Arabella zur Verfügung zu stehen, beide hatten schon seit vieln Jahren gerade in diesen Rollen überzeugt.
Und doch wollte sich strahlender Festspielglanz zunächst nicht einstellen. Hatten die Sänger bereits ihren Zenit überschritten? Entdeckungen konnte man allerdings bei jungen Sängern machen beim zweiten Paar bei Arabellas in Männerkleidern steckenden Schwester Zdenka und dem Leutnant Matteo (strahlender Glanz bei Hanna-Elisabeth Müller und Daniel Behle), oder bei der Fiakermilli (Daniela Fally) oder Arabellas Verehrer Elmar (Benjamin Bruns). Und spätestens nach dem Vorspiel zum dritten Akt überzeugte Renée Fleming immer mehr und schlug auch das Orchester ganz in Bann: temperamentvoll, in schönen klugen Schattierungen auch in den verklärenden Passagen.
Arabella ist mehr als die Verklärung einer Beziehung! Die Inszenierung von Florentine Klepper machte das auf unprätentiöse Weise sehr geschickt deutlich, schon dadurch, dass sie das Geschehen von 1860 etwas näher in die Moderne rückte, in die Zeit um 1900, der Entstehung der Psychoanalyse. In der Tat hat Hofmannstahl das Libretto zeitgleich mit Arthur Schnitzlers "Traumnovelle", der Erzählung über ein durch den Einbruch von Sexualität verunsichertes Ehepaar geschrieben.
Arabellas Beharren auf Liebe
Die "Traumnovelle" weist mit "Arabella" überraschend viele Parallelen auf. Von dieser Sicht her bekommt Arabellas Beharren auf Liebe auf den ersten Blick - gegenüber allem Verliebtsein und aller Verstandes- und Vernunftbeziehung - ein großes Gewicht und in den surrealen, an Träume erinnernden Bilder (Bühne: Martina Segna) beim Fiakerball werden die Verwirrungen, die den Brautwerber in der Nacht vor Verlobung irritieren, deutlich - gespiegelt auch im Nebenpaar (Zdenka und Matteo) in der Vertauschung des Geschlechts, in Romantisierung und Zurückweisung.
Viel wohlwollender Applaus, aber kein strahlender Festspielglanz, keine Verklärung, sondern eher Theaterroutine - vielleicht ist das bei Hofmannsthals und R. Strauß´ Studie über die Utopie des ersten Augenblicks einer Beziehung auch besser so.
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