Auftakt der Salzburger Osterfestspiele

Christian Thielemann dirigiert Richard Strauss' Oper "Arabella".

Salzburg Wenn "Arabella" von einer Frau inszeniert wird, darf man erwarten, dass die Regisseurin sich vor allem für die Titelfigur interessiert. Und richtig: Florentine Klepper weiß, dass Arabella gern Regie führt. Bei der Partnerwahl zumindest scheint diese stolze Person ein schönes, aber auch ganz schön emanzipiertes Fräulein zu sein. Nichts wie hinaus aus dem einschnürenden Korsett der Bevormundung! Und doch, in dem Moment, in dem Arabella ihren Favoriten gekürt hat, erregt es sie geradezu, dem Zukünftigen untertänig sein zu wollen. Vor ihrem Traumprinzen will sie sich geradezu fürchten.

Bei den Salzburger Osterfestspielen stellt das Bühnenbild zu Richard Strauss' Oper "Arabella" von Martina Segna gleich klar: Egal, ob im abgewohnten Hotel, wo der Putz von den Wänden blättert, oder im Ballsaal vor merkwürdigen Trümmerteilen: Diese Oper spielt zwar in spielwütigen, frivolen Adelskreisen, aber Untergang liegt in der Luft. Wir befinden uns an der Schwelle zur Moderne. Die Regisseurin legt das Personal dieser lyrischen Komödie schon auf die Couch von Sigmund Freud. Die Verehrer Arabellas sind Horden von Lustmolchen, die nackte Puppen als Spielzeug missbrauchen.

Renée Fleming, schon lange in der Liste der besten Strauss-Interpretinnen, schmeckt die Partie der Arabella klug und klangvoll ab. Auch beckmesserischen Experten bietet eine solch quecksilbrige Stimme kaum Angriffsflächen, höchstens in der unterentwickelten Mittellage. Nur punktuell kämpft sie mit Passagen, deren Silbengewitter Zungen verknoten können. Nirgends flüchtet sie in übertriebene Ausdrucks-Hysterie. Und wie steht es um das Liebespotential der kleinen Schwester? Es scheint groß, weil sich die Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller als Zdenka auch in Beinkleidern wohl fühlt. Die Bodenhaftung verliert auch Tenor Daniel Behle gern, mit kräftigen Trompetentönen als Matteo unterwegs.

Auch wenn es viele behaupten: "Arabella" ist kein reiner Operettenstoff. Manche Zeile des Librettos hätte sicher auch Franz Lehár gerne vertont, aber das Resultat wäre nicht so doppelbödig schwelgerisch ausgefallen wie bei Strauss. Das hochglanzpolierte und doch auch wehmütig eingefärbte Spiel der Dresdner Staatskapelle unter Christian Thielemann belegt: In der letzten durch Hugo von Hofmannsthal angeregten Oper will Strauss auf der Klaviatur der Nostalgie nicht ohne echten Tiefgang spielen. Strauss ahnte, sein Schiff würde sinken.

(RP)
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