Wenn die Müllhalde singt

Fausto Romitellis „An Index of Metals“.
Fausto Romitellis „An Index of Metals“.http://www.muenchenerbiennale.de/
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Theater an der Wien: Das Klangforum mit Fausto Romitellis „An Index of Metals“. Romitelli war ein Pionier, der sich die Hände bei der Arbeit nach eigener Aussage gern schmutzig machte.

Am Ende wuchten die E-Gitarren in einer Art Kadenz metallisch rohen Klang in den Raum, während auf der Leinwand unverdaulicher Müll in den Eingeweiden einer Recycling-Zentrifuge kollert, immer und immer wieder – bis schließlich nur noch der Stecker gezogen werden kann und in einem Blackout alles vorbei ist: kein Wunder, dass Fausto Romitellis Video-Oper „An Index of Metals“ (2003), sein letztes Werk, auch als Requiem angesehen wird.

Ganz selbstverständlich nützen junge Komponisten heute Anregungen und musikalisches Material aus Bereichen fernab des elfenbeinernen Turms, ohne den Anspruch der Avantgarde aufgeben zu müssen. Das war nicht immer so. Romitelli, vor zehn Jahren mit nur 41 an einem Hirntumor gestorben, war so gesehen ein Pionier, der sich die Hände bei der Arbeit nach eigener Aussage gern schmutzig machte, ohne Verachtung auch im Trash fischte, sich zwischen Kultur und Subkultur alles herausfilterte, was er für seine gewalttätige und rätselhafte Musik brauchen konnte.

Die Personale bei Wien Modern 2004, unversehens zum Nachruf geworden, endete mit „An Index of Metals“, damals gespielt vom Ictus Ensemble. Nun baten die fallweise ins Megaphon zischende oder auch jazzig tönende Sopranistin Barbara Hannigan und das souveräne Klangforum Wien unter Baldur Brönnimann zu einer Wiederbegegnung ins Theater an der Wien. Es blieb beim damaligen Eindruck: Diese Partitur braucht die Videokomponente gar nicht, sie ist auch separat stark genug. Trotz aller Brüche, Kanten und Ecken, trotz allen Lärms wirkt die Musik homogen in ihrer keineswegs beständig dröhnenden, sondern poetisch sich wandelnden Gestalt: Metall lebt. (wawe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2014)

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