Das Niveau ist schlichtweg sensationell, welches das Stadttheater Klagenfurt, das in der zweiten Saison unter der ambitionierten Leitung von Florian Scholz steht, mit Giuseppe Verdis Macbeth erreicht hat. Dies gilt nicht nur, doch in erster Linie für die Sänger der Hauptpartien (gut besetzt sind alle) - und zwar nicht nur nach Maßgabe des Hauses, sondern nach internationalen Kriterien.

Das Kärntner Sinfonieorchester, zweifellos eher ein Regional Player, scheint freilich ebenfalls in einer Metamorphose begriffen, seit der neue jugendliche Chefdirigent Alexander Soddy Präzision vorgibt und Energie versprüht: Sein Verdi ist feurig pulsierend, von machtvoller Düsternis, zuweilen wild auftrumpfend, manchmal aber auch von geradezu fragiler Klangsinnlichkeit. Und das Orchester spielt sozusagen auf der Stuhlkante und wächst dabei förmlich über sich hinaus.

Cesare Lievi hat sich im naturalistisch angehauchten, aber formalistisch durchsetzten Bühnenbild von Josef Frommwieser mit den historisierenden, doch nicht philologisch strengen Kostümen (Marina Luxar-do) an narrativen Konventionen orientiert, aber die Fäden der Handlung suggestiv und assoziativ weitergesponnen, indem die Hexen das Geschehen nicht nur prophezeien, sondern deutlich sichtbar lenken und vorantreiben.

Als Triebfeder des Ganzen, wie die Personenführung vollkommen klarmacht, singt Tatiana Melnychenko die Lady Macbeth mitunter fast zu wohltönend (der Komponist meinte, sie dürfe nicht "schön" klingen), doch immer mit Dringlichkeit und Kraftreserven.

In der Titelpartie ist Maksim Aniskin ein Elementarereignis: Er zeigt das Getriebene, Hin-und-her-Gerissene, Zweifelnde der Figur und gibt ihr auch stimmlich Tiefe und Charakterschärfe. Banquo (Evgeny Stavinskiy) und Macduff (Merunas Vitulskis) sind markante Gegenspieler mit gleichermaßen starkem Profil. Dankbarer, differenzierender Applaus. (daen, DER STANDARD, 15.11.2013)