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Iolantha (Jolanthe)

Oper in einem Akt
Libretto von Modest Tschaikowsky nach dem dänischen Schauspiel Kong Renés Datter von Henrik Hertz
Musik von Peter I. Tschaikowsky

In russischer Sprache mit französischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h (keine Pause)

Koproduktion mit der l'Opéra national de Lorraine
Premiere am 12. April 2013 an der der l'Opéra-Théâtre de Metz Métropole
(rezensierte Aufführung: 16. April 2013)


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l'Opéra-Théâtre de Metz Métropole
(Homepage)
Ein Wunder auf dem Holodeck

Von Joachim Lange / Fotos


Dass sich der russische Superstar Anna Netrebko Peter Tschaikowskys letzter Oper Iolanta (1882) in besonderer Weise annahm, hat diesem Einakter ganz sicher nicht geschadet. Zuerst 2009 in Baden-Baden, dann 2011 konzertant in Salzburg, schließlich noch auf zehn Tournee-Stationen in Westeuropa. Als Oper ist das Werk ein Sorgenkind. Außerhalb Russlands fristet es Schattendasein jenseits des Repertoires. Etwas zu kurz geraten, um einen ganzen Abend allein zu füllen, ohne eine Lücke, die sich zur Pause nutzen ließe, doch eigentlich zu stark, um mit einem anderen Einakter kombiniert zu werden. Wobei die Stimme der Netrebko und ihre Präsenz selbst bei konzertanten Auftritten genau die richtige vokale Argumentationshilfe für eine Rehabilitierung dieses Stückes liefern.  

Foto kommt später

Im Stück selbst ist auch die Prinzessin Iolanta ein echtes Sorgenkind. Sie ist von Geburt an blind. Doch die väterliche Übervorsorge des Königs René gaukelt ihr das als Normalzustand vor und schlägt den klugen Rat des maurischen Arztes Ebn-Hakia in den Wind, der weiß, dass nur dann Hilfe durch eine Operation möglich und Erfolg versprechend sein kann, wenn sie um ihren Zustand weiß und ihn auch ändern will. Die Verbote das Königs für jedermann bei Todesstrafe den Zaubergarten, in dem Iolanta lebt, zu betreten, nützten natürlich auf die Dauer nichts. Wie es der Opernzufall so will, verirren sich ausgerechnet der burgundische Herzog Robert (der in Kindertagen mit Iolante verlobt worden war) und sein Freund Graf Tristan Vaudemont zu Iolanta, wobei sich letzterer prompt in sie verliebt, alle Verbote missachtet und nur deshalb der angedrohten Todesstrafe entgeht, weil Iolanta, um ihn zu retten, in die Operation einwilligt. Am Ende geht die Sache gut aus: Sie wird durch die Kraft der Liebe sehend. Und da Robert längst eine andere liebt, bleibt auch da keine Frage offen.

Foto kommt später

Für Tschaikowsky ist diese ans Herz gehende Erlösungsgeschichte mit hemmungslosem happy end die Vorlage für ein emotionales Schwelgen ohnegleichen. Er entfaltet mit geradezu italienischer Melodramatik große Oper im klassischen Doppelsinn des Wortes. In ihrer Inszenierung für die Lothringer Opernhäuser in  Metz und Nancy liefern der deutsche Regisseur David Hermann  und sein Team (Bühne: Rifail Ajdarpasic, Kostüme: Ariane Unfried, Licht: Bernd Purkabek) all das und hinterfragen dennoch das allzu gute Ende. Der Zaubergarten Iolantas, der für jeden Fremden Tabu ist, wird hier zu einem videoprojizierten Labor in einer Fantasy-Zukunft, mit Blindenschrift und einem Laufgitter-Hilfsapparat mit weißen und roten Rosen für seine Bewohnerin. So wie die steril hermetischen Wände dieses Holodecks dann am Ende aufbrechen und Iolanta an der Hand des Arztes (und nicht an der ihres Liebsten) den Blick nach vorn richtet, wird von der Regie der grenzenlose Jubel über die wundersame Heilung atmosphärisch hinterfragt. Ohne gleich das ganze Stück zu demontieren. 

Foto kommt später

Was bei der musikalischen Qualität, die Jacques Mercier und das Orchestre national de Lorraine an den Tag legen, auch schlecht möglich ist. Außerdem wird in Metz die große vokale Artillerie aufgefahren. Mag sein, dass die eine oder andere lyrische Feinheit auf der Strecke bleibt, aber der puren, wenn auch etwas metallischen Strahlkraft von Gelena Gaskarovas Sopran gelingt es, die ahnungslose Unschuld Iolantas ebenso wie das durch Liebe erweckte Selbstbewusstsein zu beglaubigen. Hinreisend als vitaler Strahlemann Georgy Vasiliev, machtvoll Mischa Schelomianskis König und Igor Gnidiis Robert, eindringlich Evgeny Libermans, durch einen Prologsprecher verdoppelter Arzt Ibn Hakia. Die Nähe dieses Ensemble zum russischen Idiom ist da nur noch der Punkt auf dem i einer mitreißenden Oper der großen Gefühle im intelligent modernen szenischen Gewand.

Foto kommt später


FAZIT

Bislang ist Tschaikowskys Iolanta im deutschsprachigen Raum vor allem konzertant als Steilvorlage für eine Ausnahmesopranistin wie Anna Netrebko zu Ehren gekommen. Die Skepsis, die man bei solchen konzertanten Aufführungen bezüglich einer szenischen Umsetzung die emotional allzu gradlinigen Oper haben konnte, haben David Hermann und sein Team aufs beste wiederlegt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jacques Mercier

Inszenierung
David Hermann

Bühne
Rifail Ajdarpasic

Kostüme
Ariane Unfried

Licht
Bernd Purkrabek


Chor der l'Opéra-Théâtre
de Metz Métropole und der
l'Opéra national de Lorraine

Orchestre national de Lorraine


Solisten

 

Le Roi René
Mischa Schelomianski

Iolanta
Gelena Gaskarova

Le Comte Vaudémont
Georgy Vasiliev

Robert
Igor Gnidii

Ibn-Hakia
Evgeny Liberman

Alméric
Avi Klemberg

Bertrand
Yuri Kissin

Marta
Svetlana Lifar

Brigitta
Inna Jeskova

Laura
Elena Golomeova

Prologue
Sébastien Dutrieux



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
l'Opéra-Théâtre de Metz Métropole
(Homepage)



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