Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-mail Impressum



Nabucco

Oper in vier Teilen
Text von Temistocle Solera
Musik von Giuseppe Verdi

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere am 6. Januar im Opernhaus Leipzig


Theater-Logo

Oper Leipzig
(Homepage)

Im Backstage verlaufen

Von Roberto Becker / Fotos: Oper Leipzig / Kirstin Nijhof

In Mailand lieferte Lohengrin den Auftakt ins Jubeljahr. In Leipzig ist es Nabucco. Die ziemlich nationalbewussten Opernitaliener haben es immerhin fertig bekommen, dem Deutschen Richard Wagner den Vortritt zu lassen. „VW Bicentenario Verdi Wagner“ – also das Zweihundertjahresjubiläum der beiden - steht dort auf den altmodischen Programmzetteln. Diese Komponisten-Ikonen des 19. Jahrhunderts so und dann auch noch mit dem Kürzel der deutschen Automarke zu koppeln – darauf hätte man eigentlich auch hierzulande und speziell in Leipzig kommen können. Immerhin ist die Oper in Richard Wagners Geburtsstadt unter der neuen Intendanz noch in der Lage gewesen, im Wagnerjahr eine Koproduktion von Richards frühen Feen mit den Bayreuthern ins Programm zu nehmen, und nun doch mit einem eigenen Ring zu beginnen.

Szenenfoto Der Chor als Protagonist - hier die bedrängten Hebrärer einmal etwas anders

In Sachen Verdi hat man jetzt, nach dem Rigoletto, gleich noch dessen Durchbruchs-Schlager Nabucco nachgeschoben. Der Gefangenenchor mit seinem „Va, pensiero“ ist ja auch nach 1842 so was wie die heimliche Nationalhymne Italiens geblieben. Nebenbei hat Leipzig damit sogar das Verdi-Jahr in Deutschland eröffnet! Mit ungewöhnlich großer Feuilletonaufmerksamkeit und einem nach langem mal wieder sichtbar ausverkauftem Haus. Wenn man will, kann man kann das gerne als einen sympathischen Gruß aus dem Land Wagners an jenes von Verdi nehmen. Vielleicht hilft ja die Beliebtheit Giuseppe Verdis hierzulande mit, den Untergang der Oper in ihrem Ursprungsland etwas zu verlangsamen.

Szenenfoto

Der König betritt die Bühne

Nach dem jahrelangen Personalhickhack in und um die Oper Leipzig ist allerdings die Vorstellung, dass sich der italienischen Pult-Weltstar von der anderen Seite des Augustusplatzes, Gewandhauschef Riccardo Chailly, noch einmal in den Graben der Oper verirrt, um dort einen Nabucco mit internationalem Referenzniveau hinzulegen, ein aussichtsloser Wunschtraum. Nicht mal der Chef des Hauses übernahm diesen programmatischen Jahres-Auftakt. Sein Stellvertreter Anthony Bramall ließ allerdings keine Orchesterwünsche offen. Er riss mit, behandelte Verdis gelegentliches Humtata zwischen den Nummern mit gebotenem Ernst und lieferte eine sozusagen gut geerdete „Italianita“ ab. Der Star des Abends war der exzellent von Alessandro Zuppardo einstudierte Chor.

Szenenfoto Der König im Wahnsinn gefangen

Auch die Protagonisten überzeugten insgesamt. Wobei der kraftvoll strahlende Tenor aus Uruguay, Gaston Rivero, in der Rolle des von der echten und der vermeintlichen Tochter Nabuccos geliebten Hebräers Ismaele den Vogel abschoss. Aber auch Markus Marquardt war ein hochsouveräner Nabucco – mit Stimmgewalt und der Fähigkeit das Gebrochene des zeitweise dem Wahnsinn verfallenen Königs glaubhaft zu machen. Amarilli Nizza lieferte eine auf Dramatik setzende Abigaille und Jean Broekhuzien die erst als Geisel gefangene, dann zum Judentum konvertierte Geliebte Ismeles und Tochter Nabuccos Fenena. James Mollendorf ist ein solide bewährter Babylonier-Priester, und  Olena Tokar schafft es, die Kleinstpartie der Zaccaria-Gefährtin  Anna aus dem Schatten des Hohepriesters zu rücken und Lust auf mehr von ihr zu machen. Arutjun Kotchinian ist ein originell timbrierter, szenisch präsenter Hebräer Anführer Zaccaria.

Szenenfoto

Nabucco und Abigaille oben - Anna, Fenea, Zaccaria und Ismaele unten

Was der in Dietrich Hilsdorfs Inszenierung allerdings ist, wird nicht so ganz klar. Das Bühnenbild von Dieter Richter setzt auf eine  Theater-im-Theater-Bühne. Mit beweglichem Portal und einem Zwischenvorhang mit der Projektion eines prunkvollen Barock-Saals. Was dabei an Theaterpotenzial der Politik gemeint sein mag vermischt sich mit den Assoziationen, die die Entstehungszeit-Kostüme von Renate Schmitzer an die italienischen Verhältnisse von Besetzung und Freiheitskampf in den Jahren um und nach der Nabucco Uraufführung hervorrufen. Doch in dieser Vermischung verliert sich die Brisanz. Wenn in einer Oper ein per Dekret angeordneter Völkermord an den Juden vorkommt (wie die Babylonier es wollen und beinahe  auch umsetzten), dann ist es schon ziemlich, sagen wir mal: zögerlich, wenn man das in eine Art intellektuelles Theater backstage verlegt. Es muss ja nicht gleich der Panzer durch die Tempelwand krachen, wie einst bei Peter Konwitschnys umwerfender Inszenierung an der Semperoper, oder der Gefangenenchor einen solchen Rückenschauer verursachen wie bei Vera Nemirova in Magdeburg, wo plötzlich die Türen im Saal auffliegen und wir wirklich mitten drin sind in dieser Geschichte. Aber etwas mehr wirklich packendes, irgendwie eindeutig politisches Theater als das von Hilsdorf darf es schon sein. Sei's drum. Der Jubel in Leipzig war ungeteilt.  


FAZIT

Mit Nabucco wurde an der Oper Leipzig der Auftakt des Verdi-Jahres vor ausverkauftem Haus bejubelt. Musikalisch geriet diese Produktion dabei überzeugender als ihre szenische Umsetzung.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Anthony Bramall

Inszenierung
Dietrich W. Hilsdorf

Bühne
Dieter Richter

Kostüme
Renate Schmitzer

Choreinstudierung
Alessandro Zuppardo

Dramaturgie
Marita Müller

Chor und Zusatzchor der Oper Leipzig

Gewandhausorchester Leipzig

Solisten

Nabucco, König von Babylon
Markus Marquardt

Abigaille
Amarilli Nizza

Ismaele
Gaston Rivero

Fenena
Jean Broekhuizen

Zaccaria
Arutjun Kotchinian

Oberpriester des Baal
James Moellenhoff

Abdallo
Keith Boldt

Anna
Olena Tokar



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Oper Leipzig
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2013 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -