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Im Backstage verlaufenVon Roberto Becker / Fotos: Oper Leipzig / Kirstin NijhofIn Mailand lieferte Lohengrin den Auftakt ins Jubeljahr. In Leipzig ist es Nabucco. Die ziemlich nationalbewussten Opernitaliener haben es immerhin fertig bekommen, dem Deutschen Richard Wagner den Vortritt zu lassen. VW Bicentenario Verdi Wagner also das Zweihundertjahresjubiläum der beiden - steht dort auf den altmodischen Programmzetteln. Diese Komponisten-Ikonen des 19. Jahrhunderts so und dann auch noch mit dem Kürzel der deutschen Automarke zu koppeln darauf hätte man eigentlich auch hierzulande und speziell in Leipzig kommen können. Immerhin ist die Oper in Richard Wagners Geburtsstadt unter der neuen Intendanz noch in der Lage gewesen, im Wagnerjahr eine Koproduktion von Richards frühen Feen mit den Bayreuthern ins Programm zu nehmen, und nun doch mit einem eigenen Ring zu beginnen. Der Chor als Protagonist - hier die bedrängten Hebrärer einmal etwas andersIn Sachen Verdi hat man jetzt, nach dem Rigoletto, gleich noch dessen Durchbruchs-Schlager Nabucco nachgeschoben. Der Gefangenenchor mit seinem Va, pensiero ist ja auch nach 1842 so was wie die heimliche Nationalhymne Italiens geblieben. Nebenbei hat Leipzig damit sogar das Verdi-Jahr in Deutschland eröffnet! Mit ungewöhnlich großer Feuilletonaufmerksamkeit und einem nach langem mal wieder sichtbar ausverkauftem Haus. Wenn man will, kann man kann das gerne als einen sympathischen Gruß aus dem Land Wagners an jenes von Verdi nehmen. Vielleicht hilft ja die Beliebtheit Giuseppe Verdis hierzulande mit, den Untergang der Oper in ihrem Ursprungsland etwas zu verlangsamen. Der König betritt die Bühne Nach dem jahrelangen Personalhickhack in und um die Oper Leipzig ist allerdings die Vorstellung, dass sich der italienischen Pult-Weltstar von der anderen Seite des Augustusplatzes, Gewandhauschef Riccardo Chailly, noch einmal in den Graben der Oper verirrt, um dort einen Nabucco mit internationalem Referenzniveau hinzulegen, ein aussichtsloser Wunschtraum. Nicht mal der Chef des Hauses übernahm diesen programmatischen Jahres-Auftakt. Sein Stellvertreter Anthony Bramall ließ allerdings keine Orchesterwünsche offen. Er riss mit, behandelte Verdis gelegentliches Humtata zwischen den Nummern mit gebotenem Ernst und lieferte eine sozusagen gut geerdete Italianita ab. Der Star des Abends war der exzellent von Alessandro Zuppardo einstudierte Chor. Der König im Wahnsinn gefangenAuch die Protagonisten überzeugten insgesamt. Wobei der kraftvoll strahlende Tenor aus Uruguay, Gaston Rivero, in der Rolle des von der echten und der vermeintlichen Tochter Nabuccos geliebten Hebräers Ismaele den Vogel abschoss. Aber auch Markus Marquardt war ein hochsouveräner Nabucco mit Stimmgewalt und der Fähigkeit das Gebrochene des zeitweise dem Wahnsinn verfallenen Königs glaubhaft zu machen. Amarilli Nizza lieferte eine auf Dramatik setzende Abigaille und Jean Broekhuzien die erst als Geisel gefangene, dann zum Judentum konvertierte Geliebte Ismeles und Tochter Nabuccos Fenena. James Mollendorf ist ein solide bewährter Babylonier-Priester, und Olena Tokar schafft es, die Kleinstpartie der Zaccaria-Gefährtin Anna aus dem Schatten des Hohepriesters zu rücken und Lust auf mehr von ihr zu machen. Arutjun Kotchinian ist ein originell timbrierter, szenisch präsenter Hebräer Anführer Zaccaria. Nabucco und Abigaille oben - Anna, Fenea, Zaccaria und Ismaele unten Was der in Dietrich Hilsdorfs Inszenierung allerdings ist, wird nicht so ganz klar. Das Bühnenbild von Dieter Richter setzt auf eine Theater-im-Theater-Bühne. Mit beweglichem Portal und einem Zwischenvorhang mit der Projektion eines prunkvollen Barock-Saals. Was dabei an Theaterpotenzial der Politik gemeint sein mag vermischt sich mit den Assoziationen, die die Entstehungszeit-Kostüme von Renate Schmitzer an die italienischen Verhältnisse von Besetzung und Freiheitskampf in den Jahren um und nach der Nabucco Uraufführung hervorrufen. Doch in dieser Vermischung verliert sich die Brisanz. Wenn in einer Oper ein per Dekret angeordneter Völkermord an den Juden vorkommt (wie die Babylonier es wollen und beinahe auch umsetzten), dann ist es schon ziemlich, sagen wir mal: zögerlich, wenn man das in eine Art intellektuelles Theater backstage verlegt. Es muss ja nicht gleich der Panzer durch die Tempelwand krachen, wie einst bei Peter Konwitschnys umwerfender Inszenierung an der Semperoper, oder der Gefangenenchor einen solchen Rückenschauer verursachen wie bei Vera Nemirova in Magdeburg, wo plötzlich die Türen im Saal auffliegen und wir wirklich mitten drin sind in dieser Geschichte. Aber etwas mehr wirklich packendes, irgendwie eindeutig politisches Theater als das von Hilsdorf darf es schon sein. Sei's drum. Der Jubel in Leipzig war ungeteilt.
Mit Nabucco wurde an der Oper Leipzig der Auftakt des Verdi-Jahres vor ausverkauftem Haus bejubelt. Musikalisch geriet diese Produktion dabei überzeugender als ihre szenische Umsetzung. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Choreinstudierung
Dramaturgie
Chor und Zusatzchor der Oper Leipzig
Nabucco, König von Babylon
Abigaille
Ismaele
Fenena
Zaccaria
Oberpriester des Baal
Abdallo
Anna
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