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Grandiose Verwandlungen: Marlis Petersen.

Foto: ap / Lilli Strauss

Wien - Wäre Marlis Petersen in der März-Premiere von Hoffmanns Erzählungen (bei William Friedkins trägem Horrorpuppenspiel) in vier Frauenrollen erschienen - man hätte für die Wiederkehr der Oper gar nichts ändern müssen. Womöglich wäre es zwischen Friedkin und Intendant Roland Geyer auch nicht zum Zerwürfnis gekommen. Und der Intendant wäre nicht in die peinliche Lage geschlittert, selbst Regie führen zu müssen. Man stelle sich nur vor, Dominique Meyer würde am eigenen Haus, der Staatsoper, im Regiefach dilettieren müssen ...

Das Rad der Zeit, es lässt sich jedoch nicht zurückdrehen, die Konfliktgroteske ist abzuhaken, und festzuhalten ist: Geyer ist eine anständige Version geglückt, die selbst einem Profi passieren könnte. Ja, über den Olympia-Akt hätte sich auch ein Profi gefreut. Petersen legt eine witzige Karikatur eines egomanen, schließlich torkelnden Models hin.

Wie sie dies alles timt, in einer Art szenischem Crescendo zum skurrilen Gipfel führt, sollte jedem Opernsänger als Paradebeispiel musiktheatraler Virtuosität vermittelt werden. Der Rest ist allerdings statische Rampengesangdiktion, die auch bei Friedkin beschwerend wirkte.

Geyer hatte zwar die hübsche Idee, mit Figuren früherer Theater-an-der-Wien-Inszenierungen ein lebendiges Museum auf die Bühne zu stellen (witzig: der bei Friedkin als Puppe eingesetzte Kleinzack wird hier in einen Käfig gesperrt). Dieser Effekt verpufft aber schnell. Und auch der Lichtzauber, mitunter gegen das Publikum gerichtet, wirkte blendend nur im wörtlichen Sinne. Er hatte etwas alibihaft Ornamentales - wie die riesigen Fotos, die einmal Schamhaarperspektiven eröffnen.

Egal. Petersen, die bei Olympia vokal ein wenig an ihre Grenzen stößt, ist auch als Antonia, Giulietta (etwas plump das Erotische) und Stella das markante, besonders im Lyrischen aufblühende Zentrum der Aufführung. Weder Arturo Chacón-Cruz (als Hoffmann zu angestrengt, nur die metallischen Höhen überzeugend) noch John Relyea (für das Böse zuständig, dabei vokal und darstellerisch plakativ) wie auch Roxana Constantinescu (solide als Muse) konnten da mithalten.

Etwas lebendiger zumindest als im März die Wiener Symphoniker unter Riccardo Frizza - was aber nur heißt, dass ihnen diese Musik nicht unentwegt wie ein toter Vogel um den Hals hing. Immerhin: Es klang farbenreicher, ein paar markante Akzente hätte diese Musik jedoch schon noch vertragen.

In Summe also eine szenisch respektable Rettungsaktion mit einem grandiosen Akt. Musikalisch hingegen wenig befriedigend. Um dies zu ändern, hätte Petersen dirigieren und alle Rollen dieser Oper singen müssen.   (Ljubisa Tosic, DER STANDARD, 6.7.2012)