Mehr Shakespeare, weniger Schlagobers

"Hamlet" im Theater an der Wien

Auch wenn die Oper "Hamlet" heute fast in Vergessenheit geraten ist: Nach der Pariser Urauffühung war das Werk einer der großen Bühnenerfolge von Ambroise Thomas.

Kultur aktuell, 23.04.2012

Alles, was große Oper braucht

Die fünfaktige Opernfassung des Shakespeare-Dramas trägt alle Merkmale einer großen Oper: Jede Menge Arien, Chöre und großes Orchester. Die Titelrolle des Hamlet wird von einem Bariton gesungen; für den Dirigenten Marc Minkowski, den musikalischen Leiter der Produktion im Theater an der Wien, ist es eine der schönste Bariton-Partien der Operngeschichte.

Als Hamlet ist im Theater an der Wien Stéphane Degout zu erleben; an seiner Seite singt die deutsche Sopranistin Christine Schäfer die Partie der Ophelia - eine Figur, die in der Opernfassung viel stärker im Mittelpunkt steht als im Shakespeare-Original. Ein ganzes Bild und eine bis heute berühmte Arie widmen sich Ophelias Selbstmord, nachdem sie von Hamlet abgewiesen wurde und dem Wahnsinn verfallen ist.

Rennaissance - Romantik - und zurück

Dass Ophelia so viel Platz eingeräumt wird, ist nur eine der Abweichungen der Oper vom Originalstoff. Auch sonst haben die Librettisten Michel Carré und Jules Barbier nicht viel von Shakespeares Versen übriggelassen, sondern sich vielmehr am Sprachstil der Romantik orientiert.

Regisseur Olivier Py will am Theater an der Wien allerdings wieder mehr den Shakespeare hervorkehren, wie er sagt. Zu viel Bla bla und Schlagobers enthalte die Oper, so der französische Regisseur, der bis vor kurzem das Odéon-Théatre de l' Europe in Paris geleitet hat und seit Jahren als großer Reformer des Theaters gilt.

Wie es in seiner Arbeit üblich ist, will Olivier Py auch hier mehr auf den politischen Aspekt des Shakespeare-Dramas eingehen: Gerade im 20. Jahrhundert habe Hamlet aufgezeigt, wie man gegen einen Diktator revoltieren kann - oder eben, wie eine Revolution misslingt", meint Olivier Py. Jeder, der versuche, die Welt zu ändern, sei wie Hamlet vom Scheitern bedroht. Um diesen Aspekt gehe es in seiner Inszenierung.

Schloss Helsingör ist in Olivier Pys Inszenierung ein beeindruckendes, düsteres Kellergewölbe mit einem Gewirr an Stiegen, die ständig in Bewegung sind. Eine albtraumhafte und gar nicht romantische Welt, in die das dänische Königshaus sowie das Publikum im Theater an der Wien hineinversetzt werden.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Theater an der Wien ermäßigten Eintritt.

Theater an der Wien