Ein Gustostück von Händel für Feinschmecker

Gustostueck Haendel fuer Feinschmecker
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Alan Curtis und die Musiker von Il Complesso Barocco erweckten "Ariodante" für einen Abend zu wohltemperiertem Leben.

Das Theater an der Wien bat zu konzertanten Händel-Exerzitien. Das Objekt dafür war die 1735 uraufgeführte Oper „Ariodante“. Der hohepriesterliche Anführer durch eine der wohl reichsten und fantasievollsten Händel-Partituren hieß Alan Curtis. Der amerikanische Musikwissenschaftler Cembalist und Barockoperndirigent hat seiner langen Reihe an Händel-Einspielungen jüngst auch den „Ariodante“ hinzugefügt und lässt gerade auf Europatournee ahnen, was Musikfreunde auf der Aufnahme zu erwarten haben. Allerdings lief die Sache dann nicht ganz nach Plan, denn dem Gastspiel war krankheitsbedingt der Star, die Mezzosopranistin Joyce DiDonato, abhandengekommen.

Einen ausgezeichneten Ersatz fand man jedoch in der britischen Kollegin Sarah Connolly, die mit ihrem klaren, apart geführten Mezzo die von Händel und Curtis in seiner Interpretation geforderten Ansprüche bestens einzulösen wusste. Dass Händel für seine Uraufführung nämlich allererste Kräfte, im Fall des Ariodante etwa der Kastrat Carestini, zur Verfügung gestanden sind, merkt man den halsbrecherischen Koloraturen und jede Menge Lyrisches fordernden Partien an.

Curtis ist kein Feuerwerker

Die kundigen Hände von Alan Curtis fügten das alles zu einem runden Opernguss. Wobei man spürt, dass der Dirigent seine Wurzeln in der Forschung hat. Curtis ist kein Feuerwerker, kein Stürmer und Dränger wie etwa der Händel-Dramatiker Marc Minkowski, dessen „Ariodante“-Einspielung immer noch als ungeschlagene Referenz gelten muss. Curtis setzt die Partitur jedoch höchst akkurat und feinsinnig um und kann dabei auf die ausgezeichneten Instrumentalisten seines Il Complesso Barocco bauen.

Neben Connolly standen mit Karina Gauvin Ginevra und Marie-Nicole Lemieux als Bösewicht Polinesso zwei weitere Händel-firme Spezialistinnen auf der Bühne. Matthew Brook gab den schottischen König mit geschmeidigem Bass. Sabina Puértolas schiffte ihren etwas harten und soubrettigen Sopran tapfer durch die Partieklippen der Dalinda und Nicholas Phan stellte sich mit Anstand den Tenorkoloraturen des Lurcanio. Das ergab insgesamt ein wohltemperiertes Händel-Vergnügen, das vom Publikum freudig akklamiert wurde. mus

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2012)

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