Salzburg – Es wird seine dritte Runde als Intendant der Salzburger Festspiele, die Markus Hinterhäuser nach seiner Wiederbestellung bis zumindest 2029 absolvieren wird. Somit bleibt er an der Spitze der Institution, für die der 66-Jährige bereits 1993-2001 mit Tomas Zierhofer-Kin unter Gerard Mortier die Schiene "Zeitfluss" verantwortete, bevor er 2006 zum Konzertchef berufen wurde und nach einem Intermezzo bei den Wiener Festwochen 2017 als Intendant an die Salzach zurückkehrte.

Geboren wurde der spätere Pianist und Festivalmacher am 30. März 1958 in La Spezia. Nach dem Klavierstudium in Wien, Salzburg sowie in Meisterkursen reüssierte er bald als Solist und Liedbegleiter in den bedeutendsten Konzertsälen der Welt. Sein besonderes Engagement galt stets der zeitgenössischen Musik, insbesondere für Größen wie Morton Feldman, György Ligeti oder Galina Ustwolskaja.

Markus Hinterhäuser bei einer  Presskonferenz im Wiener Prater, Juni 2022
Markus Hinterhäuser bei einer Presskonferenz im Wiener Prater, Juni 2022.
IMAGO/SKATA

Das Zeitgenössische förderte Hinterhäuser auch bereits in jungen Jahren in Salzburg, verantwortete er doch die Neue-Musik-Schiene "Zeitfluss", die große Beachtung fand. Die "Zeitfluss"-Festivals boten ein Spektrum von Klassikern der zeitgenössischen Musik bis zu den Einstürzenden Neubauten. Unter dem Titel "zeit_zone" setzten Hinterhäuser und Zierhofer-Kin 2002 bis 2004 ihre Arbeit im Rahmen der Wiener Festwochen fort.

2006 kehrte Hinterhäuser dann das erste Mal wieder zu den Salzburger Festspielen zurück, als er zum Konzertchef berufen wurde. Die erfolgreiche Programmierung machte Hinterhäuser nach Ansicht vieler zum Favoriten auf die Nachfolge von Intendant Jürgen Flimm. Es kam jedoch anders. Als 2009 Alexander Pereira als Intendant ab Herbst 2011 bestellt wurde, gab Hinterhäuser bekannt, "unter den ihm angebotenen Rahmenbedingungen den Salzburger Festspielen nach 2011 als Konzertchef nicht mehr zur Verfügung zu stehen". Der vorzeitige Abgang Flimms brachte Hinterhäuser dann doch unversehens für ein Jahr interimistisch an die Spitze.

Intermezzo in Wien

Dennoch folgte ein Intermezzo in Wien, wo Hinterhäuser ab 2014 als Intendant der Wiener Festwochen die Bundeshauptstadt großflächig bespielte. Nach drei Jahren an der Festwochen-Spitze erfolgte dann wieder der Wechsel zum Schicksalsort Salzburg - dieses Mal nicht nur interimistisch. Schon mit seiner ersten Festspielausgabe 2017 machte Markus Hinterhäuser an der Salzach deutlich: Hier ist jemand gekommen um zu bleiben. Die gezeigten Arbeiten polarisierten und provozierten ebenso enthusiastische Zustimmung wie vehemente Kritik.

Hinterhäuser setzte weniger auf absolute Novitäten (was ihm mitunter auch Vorwürfe eintrug) denn auf Wiederentdeckungen und Werke, die er für ein zeitgemäßes, zeitgenössisches Repertoire durchsetzen wollte. Daneben baute er sich bei den Dirigenten und den Regisseurinnen und Regisseuren einen Kreis von hochkarätigen Künstlern auf, denen er auch die Treue hielt, wenn mal eine Inszenierung nicht gänzlich geglückt war - und gab nicht selten auch Gelegenheit zu einem zweiten Antreten unter besseren Bedingungen oder längeren Proben. Dazu gab es in den programmatischen Ansagen wie in Regiekonzepten immer wieder starke Bezüge zu den drängendsten Gegenwartsproblemen. Bei allem Bekenntnis zur höchsten künstlerischen Qualität agierten die Festspiele nie abseits des gesellschaftliche und politischen Bezugssystems.

Festspiele im Corona-Sommer

Zentral in Hinterhäusers bisheriger Intendanz war die Verve, mit der er und Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler an der Durchführung der Festspiele im Corona-Sommer 2020 festhielten und durch ihr Pandemie-Management Maßstäbe für Großveranstaltungen setzten. Diese starke Achse an der Spitze der Festspiele war Geschichte, als die Langzeit-Präsidentin den Stab Anfang 2022 an Kristina Hammer übergab. Das Verhältnis zueinander soll nicht das beste sein.

Im Schauspiel hatte Hinterhäuser nicht immer Glück. Mit Schauspielchefin Bettina Hering - die 2023 von Marina Davydova abgelöst wurde - wurde viel gewagt und so manches gewonnen. Ausgerechnet die zentrale Neugestaltung des "Jedermann" durch Michael Sturminger, der mit Tobias Moretti (2017 - 2020), Lars Eidinger (2021 und 2022) und schließlich Michael Maertens in der Titelrolle arbeitete, drohte ihm schließlich fast zum Verhängnis zu werden. Im Herbst 2023 sorgte die überraschende wie unglückliche Ausladung des Regisseurs und seines Teams für Negativschlagzeilen und Verärgerung. Auch die Politik war not amused. Für einen Wechsel, wie ihn etwa Martin Kusej am Burgtheater durch seinen Umgang mit Krisen und Vorwürfen provoziert hatte, reichte die Verärgerung aber nicht. Markus Hinterhäuser darf weitermachen. Mit Ausstiegsoption im Jahr 2029.

Renovierung und Erweiterung geplant

In einer ersten Reaktion nach der Vertragsverlängerung sprach Hinterhäuser von einem großen Vertrauensbeweis, der ihn mit Freude und Stolz erfülle. "In den kommenden Jahren werden wir vor allem wegen der Renovierung und Erweiterung der Festspielhäuser vor eminenten Herausforderungen stehen; unser Anspruch an höchste Qualität bleibt davon selbstverständlich unberührt."

"Markus Hinterhäuser hat die Salzburger Festspiele in den vergangenen Jahren entscheidend geprägt und es mit seiner feinfühligen Programmierung geschafft, Traditionelles und Modernes zu einem Gesamtkunstwerk zu verbinden", hob Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) in einer Aussendung hervor. "Es ist sein Verdienst, dass die Salzburger Festspiele dort stehen, wo sie hingehören: an der Spitze der Klassikwelt. Ich freue mich sehr, dass er sich für eine weitere Amtszeit beworben hat, und wünsche ihm alles Gute dafür – auch weil die Festspiele angesichts der anstehenden Generalsanierung Kontinuität in der künstlerischen Leitung sehr gut brauchen können."

Insgesamt haben sich sieben Männer und eine Frau für die künstlerische Leitung der Salzburger Festspiele beworben, fünf von ihnen wurden für das Hearing am Donnerstag eingeladen. (APA, 4.4.2024)