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Die Lindenoper wird derzeit zu Ende saniert.

© John MacDougall/AFP

Berliner Dauerbaustelle: Wie die Staatsoper die Wartezeit überbrückt

Nach ihrem "Präludium" hat die Staatsoper gleich wieder geschlossen - für allerletzte Sanierungsarbeiten. Aber was machen die Mitarbeiter in der Zeit? Ein Blick hinter die Kulissen.

Knusper, knusper knäuschen, ist jemand da im Staatsopern-Häuschen? Nach dem fünftägigen „Präludium“ Anfang Oktober haben sich die Pforten des Musentempels Unter den Linden wieder geschlossen. Erst am 8. Dezember wird mit der Premiere von Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ der musiktheatralische Regelbetrieb starten. Was aber machen die Mitarbeiter der Staatsoper in diesen acht Wochen Schließzeit, die sich der Generalsanierer ausbedungen hat, um Restarbeiten am Gebäude abzuschließen? Gehen sie spazieren? Haben sie gar so eine Art bezahlten Urlaub?

Nein, natürlich nicht, beteuert Ko-Intendant Matthias Schulz. Obwohl das Programmangebot auf dem Papier eher an das abgenagte Knöchelchen erinnert, das im Märchen der arme Hänsel aus seinem Käfig der Hexe entgegenstreckt. Ein paar Konzerte der Staatskapelle, im Boulez- Saal, der Philharmonie und dem Konzerthaus. Außerdem zwei Produktionen in der Neuen Werkstatt, der Experimentierbühne im Intendanzgebäude, zum einen das Ein-Frauen-Dramolett „Rivale“, dann das Kinderstück „Der unglaubliche Spotz“ für vier Sänger und drei Musiker.

Hinter den Kulissen aber, versichert Schulz, geht es rund. Die technische Mannschaft beispielsweise steht vor der Herausforderung, ihre Jobs quasi neu zu erlernen. Weil die Bühne jetzt ultramodern ausgestattet ist, fast nichts mehr per Muskelkraft bewegt, sondern alles elektronisch gesteuert wird. Zudem müssen alle Inszenierungen des Repertoires den neuen Gegebenheiten angepasst werden, sowohl die aus dem Schillertheater mitgebrachten als auch jene, die vor der Sanierung herausgekommen waren.

Gründliche Vorbereitung: Der Chor probt schon

Für die übrige Belegschaft sind die Umstellungen zwar nicht so gravierend, aber auch sie müssen sich erst einmal einrichten in ihren Büros und Werkstätten. Vieles ist besser und praktischer geworden in den Bereichen rund um die Bühne, im Verwaltungstrakt und im Probenzentrum. Drei Monate braucht es normalerweise, sagt Matthias Schulz, bis so ein generalsanierter Betrieb wieder ganz rund läuft. Vor der symbolischen Eröffnung am 3. Oktober war keine Zeit, sich zu akklimatisieren, weil ja bis zur allerletzten Sekunde auf allen Fluren der Staatsoper geschraubt, gebohrt, lackiert und gestrichen wurde. Das muss jetzt passieren.

Viele der Mitarbeiter dürften über die Verschnaufpause sehr froh sein. Normalerweise ist die Belastung in Opernhäusern ja immer eine doppelte: tagsüber vorbereiten, abends spielen. Fallen für ein paar Wochen die Vorstellungen aus, ist endlich einmal Luft, um sich gründlich auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten. Der Chor etwa probt jetzt schon Werke wie Benjamin Brittens „War Requiem“ oder Claude Debussys „Martyre de Saint Sébastien“, die im Laufe der Saison aufgeführt werden.

Das 275-jährige Jubiläum der Operneröffnung steht an

Die Staatskapelle wiederum, mit 136 Planstellen das größte Kollektiv im Haus, nutzt die Gelegenheit, eine Art Zeitkonto für die Musikerinnen und Musiker anzulegen. Mit den sieben Programmen bis zum 7. Dezember werden die Dienstverpflichtungen nicht voll ausgeschöpft. Sie stehen dann im kommenden Sommer zur Verfügung, wenn eine Tournee nach Buenos Aires ansteht, die alle Kräfte fordert.

In der Dramaturgie wird das Anfang Dezember anstehende 275-jährige Jubiläum der Operneröffnung vorbereitet, die Maskenbildner knüpfen an 55 Perücken für die „Hänsel und Gretel“-Inszenierung. Und weil Regisseur Achim Freyer ein großer Puppenspieler ist, hat er auch noch 25 märchenhafte Masken-Köpfe bestellt.

Gerade einmal 5500 Menschen haben das für 400 Millionen Euro in alten Glanz zurückversetzte Haus bislang von innen sehen können. Wenig Verständnis gibt es daher für die nochmalige Schließung . Die jedoch keine von der Staatsoper verschuldete ist, wie Ko-Intendant Schulz betont. Wahrscheinlich ist es am besten, die verbleibenden Tage bis zur Premiere der beliebtesten aller Weihnachtsstücke einfach als eine Art vorgezogene Adventszeit zu sehen. 46 Mal werden wir noch wach …

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