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"La straniera" im Theater an der Wien: Hinter dem Schleier

Divenwettsingen? Christof Loy inszenierte zwei Mal "La straniera" - Edita Gruberova und Marlis Petersen wechseln sich in derselben Oper ab.

"La straniera" im Theater an der Wien: Hinter dem Schleier
"La straniera" im Theater an der Wien: Hinter dem Schleier

Das ist vielleicht eine Idee! Zwei "Diven", jede gefeiert in ihrem Fach, singen abwechselnd in derselben Oper. Im Theater an der Wien hat am Mittwoch Edita Gruberova ihren großen Auftritt in Bellinis "La straniera", am Freitag ist Marlis Petersen dran. Christof Loy hat seine szenische Fassung mit Edita Gruberova in Zürich herausgebracht, danach wurde Marlis Petersen in der Hauptrolle in Loys Heimatstadt Essen gefeiert. Bis zu sechs oder sieben Mal seien Zuschauer reingegangen, erzählt Loy im SN-Gespräch. Vielleicht auch deshalb, weil das Libretto ein derart verworrener und verwirrender Schauerroman ist, wie auch Loy zugibt.

Sogar der Librettist Felice Romani habe bei der Uraufführung 1829 an der Mailänder Scala einen Zettel beigelegt mit der "Vorgeschichte". Agnese alias Alaide wurde aus Staatsräson von ihrem Geliebten - es ist der König - ins Exil geschickt. Die Dorfbewohner sehen sie nur verschleiert, Kontaktmann ist ihr Bruder. Aus Liebe zur "Fremden" verstößt ein weiterer Mann, Arturo, seine Braut Isoletta. In seiner Eifersucht geht Arturo auf Alaides Bruder los. Dessen Blut an ihren Händen bringt Alaide als mutmaßliche Mörderin vor Gericht etc.

Eine Krimidramaturgie, zum Schluss löse sich alles schnell auf, sagt Christof Loy. "Es ist schon wichtig, sich auf die Autoren einzulassen, die eine Welt erfunden haben. Aber wenn man da quasi im Sinne der Erfinder inszenieren würde, wäre das eine Rittergeschichte aus dem zwölften Jahrhundert. Und ich habe mich entschlossen, in der ganzen Ästhetik auf ein 19. Jahrhundert zu gehen, das für uns ähnlich vergangen und romantisch sagenumwoben ist wie das Mittelalter für das damalige Publikum. Insofern gibt es ein Material, das eine große Sinnlichkeit hat. Man kann dem Abend uneingeschränkt emotional folgen." "Die beiden Abende gehören eigentlich zusammen"Und wie ist das mit zwei Hauptdarstellerinnen aus verschiedenen Generationen? "Man kann ja nicht verhindern, dass verglichen wird, das wäre naiv, so zu denken. Ich wusste natürlich, dass jede für sich einen eigenen Zugang finden wird zu der Rolle. Was sich für mich inhaltlich ergibt in diesen Tagen, wo ich Gruberova und Petersen abwechselnd sehe, da kann ich nur noch sagen: Die beiden Abende gehören eigentlich zusammen. Dass der Fluch an eine weitere, jeweils jüngere Generation vererbt wird, von Frau zu Frau - dadurch findet bei uns noch einmal die Aufspaltung der Figur über beide Abende viel extremer statt."

Loy wird von Edita Gruberova, die seit Jahrzehnten als "Königin der Koloratur" gilt, als "Lieblingsregisseur" bezeichnet. Marlis Petersen, zwei Mal "Sängerin des Jahres", ist als quirlige Singschauspielerin berühmt. Was heißt das für einen Regisseur? "Das Erstaunliche: Wenn man rein vom Arrangement spricht, da gibt es kaum Unterschiede, was die beiden machen", sagt Loy. "Ich habe auch öfter mit Marlis gearbeitet, und vielleicht bin ich der Regisseur, der sie dazu gebracht hat, eine innere Ruhe und Konzentration zu haben. Dass sie auch in jeder Hinsicht Kapriolen schlagen kann, passt gar nicht unbedingt immer zu meiner Art, Theater zu machen. Aber Marlis ist jemand, der sich auf sehr verschiedene Formen von Oper und Theater einlassen kann. Und trotzdem findet all ihre Feinnervigkeit auch Platz in dieser Welt, die wir hier kreiert haben."

Loy schwärmt vom Arnold Schoenberg Chor. "Ich hab gesagt, jetzt spielt ihr einfach den Mob, seid das wirklich. Und habt keinen falschen Respekt, ob das die Edita Gruberova ist oder die Marlis Petersen, die ihr da angeht. Die sind da nicht zu bremsen, das ist der entscheidende Schritt, der hier in Wien passiert ist. Ich würde am liebsten sagen, der Chor ist auch eine Diva, aber im besten Sinne."

Oper. Vincenzo Bellini, "La straniera", Theater an der Wien. 14., 18., 22., 26. 1. (Gruberova); 16., 24., 28. 1. (Petersen).

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