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Osterfestspiele: "Parsifal" dem "Kopfkino" überlassen

Was Alexander Polzin, der Ausstatter von Wagners Bühnenweihfestspiel bei den Salzburger Osterfestspielen, über diese Herausforderung denkt, verriet er den SN.

Osterfestspiele: "Parsifal" dem "Kopfkino" überlassen
Osterfestspiele: "Parsifal" dem "Kopfkino" überlassen


Im Grunde genommen sei "Parsifal" unaufführbar, sagt Alexander Polzin. Ein Satz wie "Zum Raum wird hier die Zeit" sei in Wirklichkeit nicht zu illustrieren. Dass Wagner in seinem letzten Werk so weit ging, eine Verwandlung von Raum in Zeit zu denken, lässt für den Berliner Künstler vor allem einen Schluss zu: "In aller Konsequenz ist das ein Hörspiel, das man konzertant vor schwarzem Vorhang spielen sollte und dann dem Kopfkino des Zuschauers überlassen sollte. Die Aufgabe der Bilder sollte eigentlich nur sein, diesen Fantasieprozess in Gang zu bringen."

In der Tat scheint in den Bildern dieser Inszenierung der Zeitbegriff aufgehoben zu sein: Klassizistische Skulpturen stiften zwar Bezüge zur Mythologie der Antike, etwa wenn der Chor der verführenden Blumenmädchen vor steinernen Sirenen agiert. Kontrastierend dazu werden jedoch viel Plexiglas und Materialien eingesetzt, die etwa bei den Gralsritter-Kostümen Assoziationen an Raumfahrer wecken.

Die Glasröhren, in denen diese Figuren platziert werden, spiegeln sich nicht nur an der Decke, sondern verändern sich im Verlauf der Aufführung. In dem Moment, als "die Zeit zum Raum wird", füllen sie sich mit Nebel, später werden darauf Videos projiziert.

Im dritten Akt bewegen sich die Sänger auf einer an eine Eisscholle erinnernde schiefe Ebene. Der Abwesenheit der berühmten Karfreitagsaue an dieser Stelle mag mancher Buhruf der Festspielbesucher geschuldet gewesen sein.

Jedes Bild lasse verschiedene Deutungen zu, sagt Polzin, "die alle gewollt sind". Die Eisscholle - wie manche Rezensenten - als gefrorene, asketische Welt zu deuten sei akzeptabel, jedoch nicht die einzige mögliche Sichtweise. "Sich nicht auf eine einzige Interpretation festzulegen, ohne aber in Beliebigkeit abzugleiten, ist eine Gratwanderung."

Wie ist Polzin selbst an diese Herausforderung herangegangen?

"Prinzipiell gehe ich immer davon aus, sehr, sehr viel die Musik anzuhören, dann Hintergrundrecherchen zu machen und zu lesen, was man dazu lesen kann. Und dann gibt es einen Punkt, an dem ich alles angehäufte Recherchewissen quasi zur Seite schiebe und assoziativ, dem Instinkt folgend, versuche, Bilder zu finden", sagt der gelernte Steinbildhauer, Maler und Grafiker.

"Bei dieser Arbeit hatte ich großes Glück durch das Zusammenkommen mit Michael Schulz, der mir gestattet hat, Bilder zu finden, auf denen aufbauend ein Konzept entwickelt wurde." Aus diesen Raumwelten sei eine Lesart des Stückes entstanden, die auch der Dirigent Christoph Thielemann schließlich abgesegnet habe, erzählt Polzin.

Und das Publikum? Die zwiespältigen Reaktionen nach der Premiere zeigen, dass manche Einfälle des Leading Teams mehr Rätselraten als Begeisterung auslösten.

Als ermutigend erlebte Polzin hingegen eine Publikumsdiskussion im Vorfeld der Premiere. "Da waren alte Wagnerianer, und die fanden die Konsequenz der Ansicht, dass das ein Hörspiel sei, sehr einleuchtend. Die sind es unter Umständen eher leid, ständig ihren Wagner mit zeitgenössischen Regietheater-Einfällen zugekleistert zu bekommen. Zwischen diesen Polen lag die Herausforderung."

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