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BASEL/ Theater: CARMEN – Eine Koproduktion mit Dorky Park

23.04.2024 | Oper international

Georges Bizet: Carmen • Theater Basel • Vorstellung: 22.04.2024

Eine Koproduktion mit Dorky Park

(9. Vorstellung • Premiere am 03.02.2024)

Rauf und runter und rauf und runter und rauf und runter…

Die Doubletten in den Spielplänen der Musiktheater haben den grossen Vorteil, dass sie den Vergleich ermöglichen. In Sachen unsachgemässem, also regietheaterlichem Umgang mit «Carmen» hat das Theater Basel eindeutig die Nase vorn.

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Foto © Ingo Hoehn

Wie schon bei der Zürcher «Carmen» festgestellt, sind Vorhänge gerade gross in Mode. Mal bewegen sie sich horizontal, mal vertikal. Zuviel Bewegung ist in beiden Fällen zu konstatieren. Regisseurin Constanza Macras (Inszenierung) nutzt in Basel den Vorhang um ihr «Spektakel gegen das Patriarchat» (so der Titel ihres Interviews im Programmheft) mit Filmschnipseln und Bildfetzen zum Kampf, um die Frauenrechte anzureichern. Damit nicht genug, verlegt sie, um das «stereotype Bild der Zigeunerin» nicht zu bedienen, die Handlung in die Zirkuswelt (Zirkus bedeute Spektakel und Risikobereitschaft und das charakterisiere Carmen) und übersetzt, um das Stück in die Gegenwart zu übertragen, die Dialoge in Englisch. Das verfolgt sie mit der dem Regietheater so häufig eigenen Inkonsequenz: Die ersten drei Akte spielen vor einer gründerzeitlichen Fabrik und in stillgelegten, verlassenen Fabrikhallen (Bühne: Simon Lesemann). Und Dialoge gibt es nur in den ersten beiden Akten. Kurz und gut: Wer mit dem Stück nichts anfangen kann, sollte vielleicht die Finger davon lassen. Was bringt es, in einem Stück, dass vom Gegensatz von Bekannt und Unbekannt, vom Reiz des Exotischen, lebt, genau diesen Gegensatz beseitigen zu wollen? Das Thema «Othering», definiert als «Distanzierung und Differenzierung zu anderen Gruppen, um seine eigene «Normalität» zu bestätigen», liesse sich durchaus gewinnbringend auf die Bühne bringen. Selbst wenn der Kern von Bizets Komposition die Bewegung sein sollte, bringt die Überladung mit repetitiven Tanzelementen keinen Gewinn (Tänzer der Compagnie Dorky Park : Alexandra Bódi, Emil Bordás, Moritz Lucht, Thulani Lord Mgidi, Miki Shoji, Adaya Berkovich, Shiori Sumikawa). Die Kostüme von Slavna Martinovic gehen konventioneller Ästhetik so konsequent aus dem Weg, dass sie – die Streetparade lässt grüssen – schon eine neue Ästhetik begründen.

Um die musikalische Seite des Abends ist es leider nicht besser bestellt. Dirigent Maxime Pascal (Musikalische Leitung) lässt sich von «Carmens radikalem Umgang mit musikalischen Akzenten» (so das Programmheft) anstecken und so gelingt das Dirigat über weite Strecken grob. Nach anfänglichen Wacklern klingt das Sinfonieorchester Basel im wieder mehr nach Brassband als nach Opernorchester.

Die Chöre (Chor des Theater Basel, Extrachor des Theater Basel und Mädchenkantorei Basel) wurden von Michael Clark (Chorleitung) vorbereitet. Bei aller Klang-Wucht ist in Sachen Textverständlichkeit noch deutlich Luft nach oben.

Rachael Wilson kann als Carmen, auch regiebedingt, nur mässig überzeugen. Die beeindruckend satten Tiefen sind nur mässig mit der Mittellage und den im Laufe des Abends scharf werdenden Höhen verblendet. Edgaras Montvidas gibt den Don José so intensiv, wie es unter den Umständen möglich ist. Die Blumenarie gelingt tadellos, Innigkeit will den Abend über aber nur bedingt aufkommen. Mit der «Entschärfung der Pole», der Angleichung von Carmen und Micaëla (um die Frauen nicht gegeneinander auszuspielen), nimmt die Regie Sarah Brady als Micaëla jegliche Gestaltungsmöglichkeit. So klingt die Stimme hauptsächlich scharf. Kyu Choi als Escamillo bleibt blass und geht mehrfach im Orchester unter. Sono Yu als Moralès/Dancairo, Inna Fedorii als Frasquita, Camille Sherman als Mercédès, Ronan Caillet als Remendado, Jasin Rammal-Rykała als Leutnant Zuniga und Thulani Lord Mgidi als Lillias Pastia ergänzen das Ensemble.

Glatter Sieg nach Punkten für Basel.

Weitere Aufführungen:

Mi. 24.04.2024; Sa. 27.04.2024; Mo. 06.05.2024; Mi. 08.05.2024; So. 12.05.2024; Di. 11.06.2024.

23.04.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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