LA CENERENTOLA
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Volksoper
15. März 2024

Musikalische Leitung: Gianluca Capuano

Angelina - Vasilisa Berzhanskaya
Don Ramiro - Juan Diego Flórez
Dandini - Michael Arivony
Don Magnifico - Misha Kiria
Clorinda - Ileana Tonca
Tisbe - Isabel Signoret
Alidoro - Roberto Tagliavini



„Ein Prinz als Überraschung“
(Dominik Troger)

Aktuell gibt es an der Wiener Staatsoper einen kleinen Rossini-Schwerpunkt: Die gelungene Wiederaufnahme des „Guillaume Tell“ ergänzen drei Vorstellungen von „La cenerentola“. Juan Diego Flórez kam dabei unvermutet zu seinem Hausdebüt als Don Ramiro.

Manchmal bringt der Zufall die Dinge wieder ins Lot – und so kam Juan Diego Flórez zehn Jahre später als geplant doch noch zu seinem Staatsoperndebüt als „Cenerentola“-Prinz. Die Umstände, die zu diesem Debüt geführt haben, sind etwas kompliziert: Flórez hätte ursprünglich im „Tell“ den Arnold singen sollen, erkrankte, gesundete, und sprang dann überraschend für den erkrankten Edgardo Rocha als Don Ramiro ein.

Flórez, der seit einigen Jahren auch an der Wiener Staatsoper Ausflüge zu Werther und Des Grieux, zu Alfredo und zum Herzog unternommen hat, ist mit dem Prinzen wieder zur seinen „Ursprüngen“ zurückgekehrt. Hat er doch bereits 1999 am Haus als Almavia und Lindoro debütiert. Und dank der genannten Umstände konnten sich die Wiener Opernfans dieses flórez-biographische Kapitel buffonesker Rossini-Interpretation jetzt doch noch vervollständigen.

Die schlanke beherzte Wendigkeit, mit der Flórez die Bühne durchmisst, hat sich der Sänger über zwei Jahrzehnte bewahrt – und diese schlanke Tenorstimme, die weichgerundet ihre „hohen Cs“ pflückt, zeichnet ihn immer noch aus: Gestalt und Stimme gehen bei ihm eine Symbiose ein, wo eins mit dem anderen auf ganz natürliche Weise verflochten scheint – egal ob sich der Prinz als Chauffeur verkleidet oder im weißen Sommeranzug in die Flitterwochen fährt. Zwar benötigte der Tenor beim lustvollen Erklettern der Notenskala an diesem Abend – bildlich gesprochen – einen „Klimmzug“ mehr als gewohnt, aber das war womöglich Rahmenbedingungen wie einer eben erst erfolgten Genesung geschuldet.

Außerdem schien das Verhältnis zwischen dem Dirigenten und dem Orchester etwas „prekär“ und „stolperte“ sich während der Ouvertüre erst mühsam zusammen. Viele langatmige Passagen wechselten in der Folge mit überhitzten Ensembles, und dass der Dirigent schon zur Pause von einem Besucher der Galerie mit Buhrufen bedacht wurde, lag wohl an der zu offensichtlichen Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und dem Gebotenen. Auch beim Schlussvorhang wurde der Dirigent als der vermeintlich Schuldige durch ein paar Buhrufe „entlarvt“.

Dabei hat Gianluca Capuano 2022 beim Gastspiel der Opéra de Monte-Carlo „La Cenerentola“ bereits im Haus am Ring dirigiert, allerdings mit dem Orchester Les Musiciens du Prince-Monaco: schlank und humorvoll auf einander eingeschworen, mehr historisch „informiert“ als im Stil romantisch-gängiger Spieltradition. Dergleichen lässt sich im Repertoire mit einem anderen Orchester wahrscheinlich schwer aus dem Ärmel schütteln, aber man kann vor der zweiten und der dritten Vorstellung ja noch einmal miteinander reden, damit das Gesamtergebnis nicht so deutlich nach „Arbeit“ klingt.

Sehr erfrischend gestaltete sich das Staatsopern-Rollendebüt von Misha Kiria als Don Magnifico. Kiria hat die Rolle bereits letzte Saison an der Volksoper gesungen: mit jugendlichem Elan und flottem Parlando würzte er mit kräftiger Stimme die Aufführung, randvoll mit selbstüberheblichem, buffoneskem Humor. (Die sehenswerte „Cenerentola“-Inszenierung der Volksoper wurde von Achim Freyer ersonnen und ist viel besser gelungen als die Staatsopernproduktion.)

Das Aschenbrödel der Vasilisa Berzhanskaya gefiel in der Melancholie des „Una volta c’era“, eine mehr in der Tiefe verankerte Mezzostimme, die in der Höhe und im Forte zu stark an Geschmeidigkeit und Liebreiz verliert. So viel Ernst verträgt eine Cenerentola dann auch nicht – und im Finale wurde nicht jener vokale Glanz versprüht, mit dem sich Aschenbrödel gleichsam zur Prinzessin krönen müsste. Roberto Tagliavini gab einen guten, stimmstarken Alidoro, auch darstellerisch mit Würze und Geschick. Michael Arivony verlieh dem Dandini einigen Witz, Isabel Signoret und Ileana Tonca rundeten als egoistisch-überdrehte Schwestern das Ensemble ab.

Die Inszenierung von Sven Eric Bechtolf stammt aus dem Jahr 2013. Sie gefällt sich vor allem in halblustigen Witzchen (der Chor weiß davon ein „Lied“ zu singen) und erlebte an diesem Abend laut Programmzettel bereits die 54. Aufführung. Der starke Schlussapplaus betrug rund fünf Minuten, je ein Blumenstrauß wurde dem Prinzen und seiner Prinzessin geworfen.