Faszinierende Rollendebüts in Puccinis „Il trittico“ an der Wiener Staatsoper

Xl_trittico-il_tabarro-alvarez-stikhina-c_stephan_br_ckler-wien-2-24 © Stephan Brückler

„Nun bist du ein Engel im Himmel“:  Mit großer Innigkeit aber auch zu Herzen gehender Verzweiflung singt Elena Stikhina ihren Schmerz heraus, als sie im Kloster vom Tod ihres Kindes erfährt. Und auch sonst singt die Sopranistin bei ihrem Rollendebüt an der Wiener Staatsoper die Titelfigur aus „Suor Angelica“ mit weiter Ausdruckspalette und lyrischer Schönheit. Zuvor ist sie auch noch als wunderbar singende Giorgetta in “Il tabarro“ zu erleben.

Il trittico“ von Giacomo Puccini, die Neuproduktion vom vergangenen Oktober wird wieder an der Staatsoper aufgeführt, mit einem weiteren Rollendebüt von Carlos Álvarez. Dabei kann er wieder einmal mit seiner großen Wandlungsfähigkeit überzeugen: Einerseits in „Il tabarro“ als betrogener und zum Mörder werdender Michele, der sich selbst auch zum Finale noch die Kehle durchschneidet. Andererseits gefällt er als Titelheld in „Gianni Schicchi“, dem letzten Teil der Trilogie mit großer Bühnenpräsenz und virtuoser Situationskomik aber auch vokaler Dominanz mit seinem prägnanten Bariton. Apropos Wandlungsfähigkeit: Während bei dieser Komödie Michaela Schuster als aufgeregte Zita köstlich spielt, agiert und singt sie als erbarmungslose und Angst machende Fürstin in „Suor Angelica“ einfach grandios.

Erwähnt seien noch der solide singende Joshua Guerrero als Micheles Nebenbuhler Luigi, wie auch das junge Liebespaar mit Florina Ilie als Lauretta mit feinem, leichtem Sopran, vor allem mit ihrer Paradearie „Il mio babbino caro“ sowie Bogdan Volkov als edel timbrierter Rinuccio. Auch die vielen Nebenrollen sind bestens besetzt. Da zeigt sich einmal mehr, über was für ein exzellentes Ensemble die Staatsoper verfügt.

Der leider scheidende Musikdirektor Philippe Jordan am Pult kann im Orchester der Wiener Staatsoper einen ungemein feinfühligen und aufgefächerten Puccini mit zartschmelzenden Tönen aber auch veristischer, nur selten zu lauter Schärfe erzeugen und die Kontraste extrem zuspitzen.

Tatjana Gürbaca hat dieses Konglomerat aus Eifersuchtsdrama, Klostertragödie und Erbschleicherkomödie mit ihrem Team solide und klar erzählt in Szene gesetzt. Wieviel braucht der Mensch, um glücklich zu sein? Das ist ihre essentielle Aussage. Weswegen auch Teile dieses Schriftzuges in Leuchtbuchstaben immer wieder im Hintergrund auftauchen. Dies alles zeigt die deutsche Regisseurin in der Holzkistenbühne von Henric Ahr. „Gianni Schicchi“ lässt Gürbaca schon knapp vor Ende der Pause beginnen. Denn während das Publikum noch zu den Plätzen schlendert, nimmt der bedauernswerte Buoso Donato sein letztes Abendmahl. Er futtert Spaghetti, trinkt Rotwein und schluckt einige Pillen. Doch das war es dann schon, denn plötzlich fällt er röchelnd in den noch halbvollen Nudelteller und verstirbt.  Danach erlebt man beim letzten Teil „Gianni Schicchi“ ein ziemliches Durcheinander mit viel Karneval und etwas Mussolini Faschismus, wohin Gürbaca das Stück verlegt hat. Hier ist die Regisseurin im Gegensatz zu den anderen Teilen in Bestform.  

Großer Jubel für alle Beteiligten!

Dr. Helmut Christian Mayer

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