Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIESBADEN/Staatstheater: DIE WALKÜRE . Wiederaufnahme

05.02.2024 | Oper international

Wiesbaden:  „DIE WALKÜRE“ – WA 04.02.2024

hop
Sieglinde und Siegmund bei der Probe

Sieben Jahre fast auf den Tag nach der Premiere hatte nun „Die Walküre“ von Richard Wagner am Hessischen Staatstheater ihre WA. Uwe Eric Laufenbergs Produktion wurde in die Aera des zweiten Weltkrieges verlegt. Im ersten Aufzug befinden wir uns in einem Restaurant mit Bartheke, Hunding heißt der Wirt! Im Hintergrund Glasfenster, inmitten ragt die Esche mit dem Schwert, vom Obergeschoss beobachtet Brünnhilde das Geschehen, Klein-Sieglinde sowie Mägde sind überflüssigerweise zugegen. Während des zweiten Aufzugs findet eine Lagebesprechung der Offiziere im Zelt statt, später versprechen auf leergefegtem Tisch blumenbekränzte Mädchen und Jünglinge von Walhalls Wonnen, im Hippodrom des dritten Aufzugs drehte heute keine Berittene Ihre Runden, das Ross war krank  oder fiel dem Etat-Rotstift zum Opfer? Eine steinerne Walhalla diente später zum spärlichen Feuerzauber als Walküren-Ruhestätte. Gisbert Jäkel schuf die Bühnenbilder,  die kleidsamen Kostüme wurden von Antja Sternberg kreiert. Nachvollziehbar von ästhetischer Prägung wurde hier Musiktheater präsentiert.

Am Pult des umsichtig musizierenden und bestens disponierten Hessischen Staatstheater Orchesters  waltete Michael Güttler. Der Dirigent wählte besonders breite Tempi, nahm dem ersten Aufzug die Spannung, das elektrisierende Knistern, der sich steigernden Leidenschaften wurde man orchestral nicht gewahr, die Dialoge im zweiten Aufzug gerieten so zur gepflegten Langeweile, lediglich im dritten Bild schien Güttler aus seiner Lethargie zu erwachen, schenkte den aufgelichteten Klängen intimeren Charakters sowie den instrumentalen Formationen mehr gewichtige Impulse.

Man möge mir verzeihen, dass ich die Vokalbereiche der Herren zuvor würdige. Allen voran verkörperte Marco Jentzsch nicht nur optisch das ideale Traumbild des Siegmund, dank  seiner einfühlsame Darstellung und jugendlichen Aura erhielt der Wälsung eine immens glaubwürdige Präsenz. Voluminös, herrlich timbriert, vortrefflich brachte der engagierte Tenor sein hell-strahlendes Edelmetall zum Erblühen, schenkte mancher Kantilene belkantische Nuancen von betörendem Wohlklang, ließ es zudem an Höhenstrahl und männlich dunklem Mittelbereichen nicht mangeln. Einer vortrefflichen Interpretation, in puncto Götter-Spross  in jeder Weise würdig.

Den lettischen international renommierten Bassbariton Egils Silins hatte ich vor einigen Monaten in einer konzertanten Aufführung als Wotan erlebt, erschien mir der exzellente Sänger-Darsteller heute als herausragender, alles überstrahlender Göttervater des Olymps, pardon Walhalls. Mühelos bündelte der versierte Sänger vokale Reserven, führte sein schönstimmiges Material auch emotional ins Extreme, adelte die kräftezehrenden Monologe mit bester Intonation zu akzentfreier Deklamation. Gleichwohl paarte der intelligente Künstler in musikalischer Gestaltung ruhige Passagen voll sinnlicher Wärme mit markanten Höhenattacken zu perfekter Charakterkonturierung.

Großartig mit seinem prächtig flutenden, imposanten Basspotenzial gab Young Doo Park dem Hunding gewichtig-gefährliche Präsenz und erwies sich für Walhall volltauglich.

Zu jungendlich sehr lyrischen Tönen vernahm man Betsy Horne als liebliche, darstellerisch bewegende Sieglinde. Warme frauliche Töne unterstrichen die Vorzüge ihres schönen Soprantimbres. Jedoch fehlten den klangvollen Höhenformationen die dramatische Durchschlagskraft.

Manuela Uhl mir in wunderbaren Strauss-Interpretationen noch in bester Erinnerung, wagte sich nun im reifen Zenit ihrer Karriere an die schwierigste aller Brünnhilden, mutig dünkt´ mich die Frau und debütierte (?) mit Wotans Wunschmaid. Ob sich die versierte Sängerin damit einen Gefallen tat, wird die nahe Zukunft mit den zwei weiteren Brünnhilden entscheiden. St®ahlkräftig, metallisch erklangen die Hojotoho-Rufe, mit obertonreichem Sopran gestaltete die couragierte Sängerin den zweiten Aufzug, ließ es zur Todesverkündung an vokaler Mittellage missen und fand schließlich im Finalakt zu beachtlicher glaubwürdiger Größe. Zu feinen Nuancierungen gewann die Stimme an Farben, bestach mit zarten Piani und berührte zudem mit intensiver Gestaltung.

Vokal hielt Katrin Wundsam nicht was die optische Erscheinung versprach. Mit dünnem Sopran ohne dunkle Farben bedachte sie ihre Fricka in keiner Weise mit göttliche Würde.

Von stimmlich unterschiedlicher Qualität präsentierte sich das „hartherzige Weibergezücht“ Vera Ivanovic, Sharon Kempton, Britta Stallmeister, Maren Engelhardt, Nora Kazemieh, Fleuranne Brockway, Rebekka Stöhr, Helena Köhne.

Ein teils undiszipliniertes, ungeniert laut hustendes Publikum im ausverkauften Haus feierte alle Beteiligten mit Bravorufen und herzlicher Zustimmung.

 

Gerhard Hoffmann

 

 

Diese Seite drucken