Diese verdammte Leidenschaft. Wo führt sie die Menschen nur hin? In Tschaikowskys eher selten gespielter Oper "Pique Dame" zwingend in den Tod. Dabei handelt das Werk - Intendant Serge Dorny bezeichnet es im Anschluss bei der Premierenfeier als sein "Lieblingsstück von Tschaikowsky" - nicht nur von der Leidenschaft in der Liebe, sondern auch von der im Spiel. Und so stürzt sich Lisa (großartig gesungen von Asmik Grigorian) aus enttäuschter Liebe in den Tod, und auch Hermann (Brandon Jovanovich) begeht Selbstmord - aber erst, als er wegen seiner Spielsucht auch noch Geld, Ruhm und Ehre verloren hat.
Entsprechend düster ist die Inszenierung dieser Oper in drei Akten und sieben Bildern von Regisseur Benedict Andrews, die am Sonntagabend Premiere in der Bayerischen Staatsoper hat. Eine Inszenierung, die schon zur Pause für allerlei Diskussionen sorgt. "Zu statisch" seien die Bilder, die zudem "nichts erzählen" würden, sind die einen enttäuscht. Als "wunderbar minimalistisch" und "stimmig" beschreiben die anderen das bis dahin Gesehene. Zugegeben, nicht jedes Bühnenbild, das Rufus Didwiszus ins Schwarz des Bühnenraums setzt, wirkt überzeugend. Aber dass die Geister-Szene, die letzte vor der Pause, ganz großes Kino ist, darauf können sich die meisten zu dem Zeitpunkt schon einigen.
Opernpremiere München:Problemgangster und Straßenmädchen
In der "Pique Dame"´am Münchner Nationaltheater brilliert Sopranistin Asmik Grigorian als Lisa, die in Puschkins Geschichte an sich selbst und der Gesellschaft scheitert.
Auch was die Stimmen betrifft, herrscht bis dahin eine teils kritische Distanz. Das betrifft anfangs vor allem Brandon Jovanovich, über den einige lästern, er habe sich "erst warm singen" müssen. Die Bewunderung für die litauische Sängerin Asmik Gregorian ist hingegen von Anfang an groß, sowohl, was ihre darstellerischen, als auch, was ihre stimmlichen Qualitäten anlangt, und sie wächst stetig. Auch Boris Pinkhasovich als Fürst Jelezki gefällt, für seine Liebesarie erntet er den wohl stürmischsten Szenenapplaus des Abends.
Dass der Zwiespalt vor allem in Bezug auf die Inszenierung bis zum Ende anhält, zeigt sich auch beim Schlussapplaus. Dieser fällt insgesamt weniger stürmisch als vielmehr freundlich-verhalten aus. Sängerinnen und Sänger wie auch die chorischen Leistungen werden durchaus gewürdigt. Auch der erst 35 Jahre alte, in Usbekistan geborene Dirigent Aziz Shokhakimov, der mit "Pique Dame" sein Debüt an der Bayerischen Staatsoper gibt, erhält reichlich Applaus.
Anders klingt es hingegen, als dann das Inszenierungsteam auf die Bühne kommt. Da werden, wie so oft, wenn die Staatsoper auf minimalistische Präsentationen setzt, einige Buhrufe laut. Aber diese werden gleichermaßen von lauten "Bravi" gekontert. So kann Tschaikowskys Oper, in der es doch so viel um Leidenschaften geht, beim Münchner Publikum selbige nicht wirklich entfachen. Schade eigentlich.