HÄNSEL UND GRETEL
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Staatsoper
28.12.2023


Dirigent:
Alexander Soddy

Peter - Adrian Eröd
Gertrud - Regine Hangler
Hänsel - Christina Bock
Gretel -Florina Ilie
Die Knusperhexe - Monika Bohinec
Sand- und Taumännchen
- Miriam Kutrowatz


„Knusperhexe in der Staatsoper gesichtet“
(Dominik Troger)

An der Wiener Staatsoper „gretelt“ und „hänselt“ es wieder. Engelbert Humperdincks Märchenoper wurde in der Weihnachtswoche nach einer Absenz von vier Jahren für vier Vorstellungen wieder in den Spielplan aufgenommen.

An der Volksoper gehört „Hänsel und Gretel“ zu Weihnachten wie die „Fledermaus“ zu Silvester. An der Wiener Staatsoper hingegen wurde das Werk über viele Jahrzehnte lang nicht aufgeführt, erst unter Staatsoperndirektor Dominique Meyer hat es 2015 wieder in den Spielplan zurückgefunden – angeblich auf Wunsch des Premierendirigenten Christian Thielemann. Thielemann weilt zwar gerade in Wien, kümmert sich aber um das Neujahrskonzert. Um „Hänsel und Gretel“ kümmert sich Alexander Soddy, der Humperdincks Weisen in Kooperation mit dem Staatsopernorchester recht „wagnerisch“ und mit gutem Gefühl für den Fluss der Musik und so manchem Effekt erklingen ließ.

Das Orchester ist ohnehin der „Mehrwert“ einer Aufführung von „Hänsel und Gretel“ an der Staatsoper. Bei ihm wagnert es so richtig aus der Partitur, vom „Meistersinger“-Lachen bis zur „Gralsandacht“ schwelgt die Musik – und anno dazumal bei Thielemann hat das alles noch mehr geschwelgt und gefunkelt in philharmonischer Prachtentfaltung. Alexander Soddy ist mehr der „Musikdramatiker“, man hört „Hänsel und Gretel“ und denkt an den „Ring“. Aber das hat auch mit der Größe der Staatsoper zu tun, die dem Märchen und dem eingestreuten Volksliedton nicht wirklich eine Heimat bietet. Mal klingt das Orchester zu „dick“, klingen Hänsel und Gretel zu „dünn“, es fehlt ein wenig wie bei einer guten Süßigkeit am richtigen Verhältnis der Zutaten. Die kleinere Volksoper hat es auch dank der wunderbar zeitlos-kitschigen Inszenierung von Karl Dönch leichter, bringt das Märchen viel näher an das Publikum und an die Kinder im Publikum heran.

Adrian Eröds wortdeutlicher Besenbinder sorgte – neben dem Orchester – für den musikalisch qualitätsvollsten Beitrag zu dieser Aufführung. Eröd war ein seriöser Besenbinder, der seinen Alkoholgenuss gut unter Kontrolle hatte, nur mit kurzem Zornanflug, wenn er Gertrude mit dem Besen droht. Aber eine „Milieustudie“ hatte zum Glück auch Regisseur Adrian Noble nicht im Sinn. (Es gibt andere Beispiele: An der Kammeroper hat man 2016 aus dem Besenbinder einen Staubsaugervertreter gemacht, der einen Banküberfall plant und die Hexe war ein Securitymann ...)

Mit etwas kleinem Sopran, wenn auch mit beherzter Mädchenhaftigkeit tanzte, sang und spielte sich Florina Ilie als Gretel durch den Abend. Der Hänsel von Christine Bock war ihr ein burschikoser, älterer Bruder. Regine Hangler gab die entzürnte, von den Mühen das Alltags überforderte Mutter, Monika Bohinec eine komisch-gefährliche Hexe und Miriam Kutrowatz steuerte das Sand- und Taumännchen bei. Ein bisschen mehr an lyrischem „Goldton“ hätte einigen Stimmen ganz gut getan, so wie der Inszenierung eine Schar Engel zum Abendsegen statt der herumhüpfenden und mit weißen Luftballons paradierenden Kinder. Aber darf es heutzutage überhaupt noch Schutzengel geben!?

Die Inszenierung von Adrian Noble bleibt diesbezüglich eher skeptisch und setzt auf ein „Spiel im Spiel“ mit einer kurzen Vorgeschichte. Die Kinder erleben die Hexenbegegnung im Anschluss an einen Abend, bei dem offenbar Urlaubfotos projiziert wurden. Das zeitliche Setting um 1900 verleiht der Handlung das Flair von „Märchenzeit“. Noble arbeitet geschickt mit Projektionen. Und wenn im Finale die Hexe als lebensgroße Lebkuchenfigur auf die Bühne getragen wird, hat sie die Lacher ohnehin auf ihrer Seite.

Die Staatsoper war voller Touristen, der Schlussapplaus kurz und bündig: knappe fünf Minuten lang.