Oper
Viele wunderliche Figuren - rund um Max.
Kmetitsch

Spätestens in jenem Augenblick, da der Staubsauger in Max’ unaufgeräumtem Zimmer wegen Überbeanspruchung explodiert, hat die Erziehungsberechtigte die Faxen dicke. Es gibt für den quirligen Jungen kein Abendmahl; so entscheidet jedenfalls Mama (Katrin Wundsam). Die Zeit des Magenknurrens vertreibt sich der Junge dann allerdings mit Fantasiereisen, während ihn Komponist Oliver Knussen in seiner Oper Wo die wilden Kerle wohnen mit einem anspruchsvollen Stilmenü verköstigt.

Was im Museumsquartier bei der Premiere des Musiktheaters an der Wien ertönt, während Max auf einer Insel mit wundersamen Gestalten zurande kommen muss, ist gänzlich frei von gefälliger Melodik und harmloser Harmonik. Ganz schön ruhig ist es denn auch mitunter im Zuschauerraum. Das junge Publikum erlebt – elternbegleitet – womöglich zum ersten Mal solch dissonante Klangexzentrik.

Aufhellend wirken sogar schräge Mussorgski-Zitate und jazzige Passagen, die an markante Instrumentalpointen aus Leonard Bernsteins West Side Story gemahnen. Dann aber überzieht harmonische Dunkelheit auch die doppelköpfigen Gestalten, die den reisenden Max bedrohen, ihn aber schließlich in den Rang eines Königs erheben.

Viele Kerle

Auch szenisch reizvolle Verwandlungen: Zunächst wachsen Bäume aus den Wänden des Kinderzimmers. Und statt der drei Heißluftballone, die Max’ Bettzelt erleuchten, erstrahlt ein Mond (Bühne: Jakob Brossmann), der Licht auf die Figuren legt: Nicht nur Max, den Sopranistin Jasmin Delfs vokal beeindruckend sicher gestaltet, ist zu sehen. Regisseur Nikolaus Habjan hat auch ein puppenhaftes Alter Ego ersonnen, das sich mit den Inselgrößen Tzippie, Hahnkerl, Bartkerl, Horn- und Bullenkerl auseinandersetzt. Auch diese zotteligen Wesen (Kostüm: Denise Heschl) sind doppelköpfig und düster angelegt, bis sie schließlich zu kuscheligen Wesen dahinschmelzen.

Die instrumentalen Passagen, von den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Stephan Zilias edel umgesetzt, lassen Raum für muntere Puppenpantomime. Das macht – mit reichlich Trockeneisnebel umwölkt – schöne Effekte. Ja, und Max muss nicht lange hungern. Am Ende, zurück in seinem Realzimmer, gibt es Mamas Suppe. (Ljubisa Tosic,17.12.2023)