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WIEN/ Staatsoper: LA TRAVIATA

WIEN / Staatsoper: „LA TRAVIATA“ – 1.10.2023 

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Lisette Oropesa, Juan Diego Florez. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

 Über die Inszenierung von Simon Stone ist hier schon so viel geschrieben worden, dass ich es mir verkneife, hier noch einmal näher darauf einzugehen. Das Publikum teilt sich in gegnerische Lager, den einen gefällt sie, den anderen nicht. Ich glaube, dazwischen gibt es kaum andere Meinungen. Es gibt natürlich viele Fehler in der Inszenierung (das saudische Königshaus würde wohl kaum einen Prinzen mit einer Christin verheiraten, noch dazu wenn der Vater der Braut ein so unbedeutenden Mann aus der französischen Provinz ist) und auch so manch überflüssige Details. Aber selbst die Gegner müssen sich eingestehen, dass die Produktion doch so manch berührenden Moment bereithält. Vor allem, wenn eine so großartige Besetzung auf der Bühne steht wie bei dieser 16. Aufführung.

Lisette Oropesa besitzt eine wunderschön timbrierte, mit einem kleinen Vibrato behaftete Stimme, die immer gut trägt und niemals forciert geführt wird. Ihre Technik dürfte brillant sein, die Stimme strahlt und glänzt und blüht in der Höhe voll auf, kann aber auch ganz wunderbar zurückgenommen werden. Sie hat auch keinerlei Probleme mit dem hohen Es in der Arie im 1. Akt und in den großen Tableaus hebt sich ihre Stimme mühelos über das ganze Ensemble. Darstellerisch nimmt man ihr die an Krebs erkrankte Influencerin ab, vielleicht auch deshalb, weil sie zu jener Sängergeneration gehört, die ihre Fans via Social Media an ihrer Karriere und an ihrem Privatleben teilhaben lässt. Die Sterbeszene gelang ihr ganz besonders berührend.

Ihr ebenbürtig: Ludovic Tézier als Vater Germont. Mit schöner Phrasierung und seinem prachtvollen, virilen Bariton gestaltete er auch darstellerisch überzeugend den Vater, der seine Tochter an das saudische Königshaus wohl nicht ganz uneigennützig verschachern will.  

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Juan Diego Florez. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Mit etwas Abstand folgt Juan Diego Flórez. Er sprang bereits in der Premiere (die wegen der Corona-Krise ohne Publikum stattgefunden hat und im Internet und im TV übertragen wurde) dieser Produktion ein (weil der angesetzte Tenor wegen der Corona-Reise-Beschränkungen nicht aus Übersee anreisen konnte, wenn ich mich richtig erinnere) und hat daher die Inszenierung mit Simon Stone erarbeitet. Der gutaussehende peruanische Tenor müsste eigentlich eine Idealbesetzung für den Alfredo sein – wenn seine Stimme nicht gar so klein wäre. Die nach hinten offene  Bühne macht ihm das Leben natürlich sehr schwer und die Positionierung im Trinklied (im Hintergrund in der Höhe stehend, um die Champagnerpyramide befüllen zu können) macht es ihm noch schwerer überhaupt gehört zu werden. Aber in den lyrischen Szenen überzeugt er auch stimmlich.

Die kleineren Partien (Alma Neuhaus als Flora, Noa Beinart als Annina, Carlos Osuna als Gaston, Michael Arivony als Baron Douphol, Jack Lee als Marquis d’Obigny und Ilja Kazakov als Doktor Grenvil) waren zufriedenstellend besetzt.

Pier Giorgio Morandi ist ein italienischer Kapellmeister der alten Schule, der am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper einen unfallfreien und sicheren musikalischen Ablauf garantiert.

Viel Beifall und verdienter Jubel für die drei Protagonisten. Diese Besetzung sollte man sich nicht entgehen lassen!

Walter Nowotny

 

Weitere Vorstellungen am 3., 6., 10. und 12. Oktober.

 

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