„Madame Butterfly“ bei den Bregenzer Festspielen 2023

Bregenzer Festspiele 2023/MDM. BUTTERFLY/Foto © Bregenzer Festspiele/ Anja Köhler

Im vergangenen Jahr musste man leider die Premiere der Oper wetterbedingt nach einer Stunde abbrechen und spielte dann den zweiten Teil im Festspielhaus. Dieses Jahr war der Wettergott wohlgesinnt und bescherte dem erwartungsvollen Publikum einen Traumabend. Und was man auf der Seebühne zu hören und sehen bekam, war ein absoluter Genuss. Die Inszenierung von Andreas Homoki ist ein Wurf allererster Güte. Wer anfänglich zweifelte, ob sich diese Oper auf einer derart gigantischen Seebühne aufführen lässt und ob sich diese für ein intimes Handlungsgeschehen überhaupt eignet, wurde mit dieser Inszenierung eines besseren belehrt. (Rezension der Premierenvorstellung v. 20. Juli 2023)

 

Andreas Homoki und sein Bühnenbildner Michael Levine hatten die Idee, die Handlung auf einem Blatt Papier stattfinden zu lassen. Trotz der enormen Dimension der Bühne schafften sie es, jeden Moment des Geschehens berührend und intim zu gestalten. Es ist gerade die Größe der Bühne, auf der zuweilen nur ein oder zwei Sänger/innen standen, welche es ermöglicht, das Gefühl von Verlassenheit und Einsamkeit deutlich zu vermitteln.

Durch die raffinierte Lichtgestaltung des Meisters Franck Evin und die zauberhaften Kostüme von Antony McDonald, sowie den Videoprojektionen von Luke Halls, entstand ein Meisterwerk der Ästhetik. Die Choreographie von Lucy Burge ließ die Tänzer und Tänzerinnen der Bregenzer Festspiele, die Wired Aerial Theatre Group und die Statisterie der Festspiele immer wieder im besten Licht erscheinen und sorgte für wunderbare Szenenbilder.

Bregenzer Festspiele 2023/MDM. BUTTERFLY/Foto © Bregenzer Festspiele/ Karl Forster

Schon der erste Auftritt der Geishas mit ihren Schirmen zuoberst auf der 23 Meter hohen Bühne zieht einen in den Bann. Elemente wie der Auftritt von Fürst Yamadori, welcher in einem gigantischen Umhang auf dem See erscheint, oder das riesige Papierschiff, welches die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Pinkerton andeutet, oder die enorme amerikanische Flagge, welche an einem 28 Meter hohen Mast aus der Kulisse auftaucht und die Butterfly wie einen Umhang der Hoffnung um sich schlingt, alle diese Momente der Emotionen sind hervorragend durchdacht und erzielen beim Zuschauer den gewünschten Effekt der Anteilnahme am Schicksal von Cio-Cio-San.

Wenn dann obendrein die Sängerbesetzung, so wie an diesem Premierenabend, ebenfalls auf sehr hohem Niveau präsent ist, dann steht dem Opernglück nichts mehr im Wege.

Bregenzer Festspiele 2023/MDM. BUTTERFLY/Foto © Bregenzer Festspiele/ Anja Köhler

Mit Barno Ismatullaeva, welche bereits im vergangen Jahr, aufhorchen ließ, verfügen die Festspiele über eine Idealbesetzung der Cio-Cio-San. Gleich bei ihrem ersten Auftritt fühlt man sich von ihr in Bann gezogen und staunt über die Kraft und die außergewöhnliche Flexibilität dieser herrlichen Stimme. Es gelingt ihr, die feinsten Emotion zu vermitteln und auch darstellerisch die Rolle hervorragend zu gestaltet.

Annalisa Stroppa als Suzuki passt stimmlich und mit ihrer Bühnenpräsenz bestens in die Rolle der Vertrauten von Cio-Cio-San. So wurde das berühmte „Blumenduett“ zu einem ganz speziellen Moment.

Tenor Otar Jorjikia in der Rolle des F.B. Pinkerton gestaltet seine Partie mit kraftvoller Stimme, ohne zu forcieren. Das Duett mit Cio-Cio San war ein weiterer Höhepunkt. Als Sharpless, welcher die undankbare Rolle des Überbringers schlechter Nachrichten hat, war der Bariton Brett Polegato zu erleben. Mit seiner bestens nuancierten Stimme konnte er seine Partie voller Empathie gestalten.

Bregenzer Festspiele 2023/MDM. BUTTERFLY/Foto © Bregenzer Festspiele/ Dietmar Mathis

Taylan Reinhard als umtriebiger Goro, Omer Kobiljak als eindrücklicher Fürst Yamadori, Stanislav Vorobyov als Onkel Bonzo, Matthias Hoffmann als kaiserlicher Kommissar und der kleine Riku Seewald als Dolore, Butterfly’s und Pinkerton‘s Sohn, bildeten gemeinsam ein Ensemble, welches diese Aufführung zu einem ganz herausragenden Erlebnis machte.

Der Prager Philharmonische Chor unter der Leitung von Lukáš Vasilek und Benjamin Lack ließ den Summchor zusammen mit der einmaligen Kulisse und der umrahmenden Natur zu einem weiteren Genuss werden.

Auch an diesem Abend hatte Enrique Mazzola die musikalische Leitung. Dieses mal spielte das Orchester im Festspielhaus, von wo aus die Musik über eine technisch raffinierte Anlage auf die Seebühne übertragen wurde. Die Wiener Symphoniker spielten diese zwischen westlichen und fernöstlichen Klangwelten balancierende Musik in jedem Moment berührend. Sei es bei den ganz intimen Momenten oder im Finale, wo man von den Klangwogen der Emotionen als Zuhören mitgerissen wird. Hier haben sich Dirigent und Orchester und das Ensemble zu einer Meisterleistung zusammengefunden.

Wenn am Schluss der Aufführung das Blatt, nach dem Suizid von Cio-Cio San, in Flammen aufgeht und man auch als Zuschauer für einen Moment die Hitze des Feuers zu spüren bekommt, so ist zwar die Aufführung zu Ende, die Eindrücke dieser außergewöhnlichen Aufführung jedoch haben sich in die Herzen der Zuschauer eingebrannt. Es war beeindruckend, wie während des ganzen Abends auf den Rängen der mit fast 7000 Besuchern ausverkauften Vorstellung eine totale Stille herrschte, welche dann am Ende der Aufführung in einen begeisterten Applaus umschlug.

Informationen über die weiteren Aufführungen erhält man auf der Website der Festspiele www.bregenzerfestspiele.com. Es empfiehlt sich, sich rasch um die restlichen Karten zu bemühen.

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
  • Titelfoto: Bregenzer Festspiele 2023/MDM. BUTTERFLY/Foto © Bregenzer Festspiele/ Karl Forster

 

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