Ein Salzburger Babylon voll des Mozart’schen Liebreizes: Dennis Orellana, Laura Incko und George Humphreys (von links) im beziehungsreichen 1970er-Look.
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Ob das wahre Beziehungsglück einkehrt, wenn sie vorher versucht, die Nebenbuhlerin zu killen, um dann doch auf einen verachteten, aber treuen Verehrer zurückzugreifen – weil der offizielle Verlobte in letzter Sekunde seine große Liebe wiederfindet, die er geglaubt hat, in einem Eifersuchtsanfall ermordet zu haben? Drei Paare, sechs Verzweifelte, geistern durch Haus und Garten des Podestà Don Anchise. Der Bürgermeister ist stolz, in wenigen Stunden seine Nichte Arminda mit dem Contino Belfiore verheiraten zu können. Er selber freilich liebt als siebtes Rad am Wagen seine "Bedienstete". Aber die als Gärtnerin verkleidete Gräfin sucht noch immer jenen Mann, der sie – in der Vorgeschichte von Mozarts Dramma giocoso – für tot hat liegen lassen.

La finta giardiniera wurde 1775 uraufgeführt. Zum deutschen Singspiel umgearbeitet wurde Die Gärtnerin aus Liebe um 1779 im Theaterhaus am Makartplatz in Salzburg, wo dieser Tage im heutigen Landestheater eine beinah rundum geglückte Produktion in der Regie von Dörte Lyssewski gezeigt wird.

Dass die Schauspielerin als Regisseurin sich für die Singspielvariante mit deutschen Dialogen interessiert, ist nicht verwunderlich. Ebenso wenig das Ergebnis, ein babylonisches Bühnendeutsch mit spanisch-belarussisch-englischen Einschlägen. Das Problem polyglotter Opernensembles ist nicht neu. Bei einer Zauberflöte kommt man nicht aus, bei einer Finta gäbe es ein Original mit italienischen Rezitativen.

Liebesverwirrungen in Mahagoni

Aber die Stärke der Regie hilft über den Babel-Sound hinweg. Die präzis ausgeloteten Psychogramme machen aus dem Singspiel krud-plakativer Liebesverwirrungen einen zeitlosen Beziehungsspiegel. Das unterstützt die Ausstattung von Eva Musil, die eine Art 1970er-Ambiente in Mahagoni geschaffen hat.

Und die Musik in der Finta weist schon voraus auf die Abgründigkeiten der Così oder des Figaro. Das so erhellend herauszuarbeiten ist das Verdienst von Gabriel Venzago am Pult des Mozarteumorchesters. Die wechselnden Stimmungen werden mit Präsenz, Präzision und reichen Klangfarben untermalt. Wie immer ein Genuss, die Soli der Holzbläser.

Das Ensemble ist hervorragend. Luke Sinclair ist ein eleganter Podestà Don Anchise. Laura Incko erschüttert als Gärtnerin Marchesa Violante mit strahlendem Sopran. Ein Windhund von stimmlichen Gnaden ist Gustavo Quaresma als Contino Belfiore. Das Buffo-Paar Serpetta und Nardo zeichnen Hazel McBain mit wohldosierter Schärfe und Philipp Schöllhorn mit reichstem Timbre in Sopran und Bass. Victoria Leshkevich singt mit dramatischer Geste und stimmlicher Eleganz die Partie der Arminda, Bethany Yeaman mit betörender stimmlicher und darstellerischer Präsenz die Hosenrolle ihres unglücklichen Verehrers Ramiro. Eine hörens- und bedenkenswerte Produktion im renovierten Landestheater. (Heidemarie Klabacher, 14.12.2022)