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Kritik – "Francesca da Rimini" an der Deutschen Oper Berlin Die Rache der Powerfrau

Sie sieht aus wie Nicole Kidman in ihren besten Zeiten, er wie der junge Omar Sharif als Dr. Schiwago. Traumhaft. Und beide, Sara Jacubiak und Jonathan Tetelman, singen herzergreifend das berühmte Liebespaar Francesca und Paolo. Am 14. März feierte Riccardo Zandonais Oper Premiere in einer Neuinszenierung an der Deutschen Oper Berlin. Der Abend wurde per Live-Stream übertragen und ist noch bis 17. März abrufbar.

Zandonai: "Francesca da Rimini" an der Deutschen Oper Berlin, Szenenfoto | Bildquelle: FRANCESCA DA RIMINI, Regie: Christof Loy, Streamingpremiere am 14. März 2021 Deutsche Oper Berlin, Copyright: Monika Rittershaus

Bildquelle: FRANCESCA DA RIMINI, Regie: Christof Loy, Streamingpremiere am 14. März 2021 Deutsche Oper Berlin, Copyright: Monika Rittershaus

In Italien kennt das unglückliche Liebespaar seit Dante jedes Kind. Die beiden wollen zueinander, aber der Krieg im 13. Jahrhundert, Intrigen, Betrug und die bösen Familien, alles hindert sie und alles endet in Blut und Tod. Francesca muss Paolos hässlichen Bruder heiraten und rächt sich als Powerfrau an der gesamten Sippe.

Aus der Zeit gefallene Literaturoper

Klassik Bild | Bildquelle: FRANCESCA DA RIMINI, Regie: Christof Loy, Streamingpremiere am 14. März 2021 Deutsche Oper Berlin, Copyright: Monika Rittershaus Bildquelle: FRANCESCA DA RIMINI, Regie: Christof Loy, Streamingpremiere am 14. März 2021 Deutsche Oper Berlin, Copyright: Monika Rittershaus Alle 20 Jahre wird Riccardo Zandonais Oper nach Gabriele d'Annunzios damals skandalösem Versgedicht nur noch gegeben, trotz der umjubelten Uraufführung 1914. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich der Geschmack geändert, Zandonais Gefühlsfarben mit Anklängen an Wagner, Strauss und Debussy schienen aus der Zeit gefallen. Diese Literaturoper ohne Arien und ohne Duette verschwand aus dem Kanon berühmter Musiktheaterwerke. Völlig zu Unrecht.

Eine Systemsprengerin

An der Deutschen Oper Berlin dirigiert Carlo Rizzi alle dramatischen Wendungen, alle Zartheiten, die berührenden Kantilenen, alle Schroffheiten, jede Dissonanz mit größter Sorgfalt und Spannung. Der Regisseur Christof Loy zeigt, wie modern auch heute eine Frauengestalt sein kann, die selbst die Rose der Liebe schenkt, die sich sanft und verletzlich zeigt und doch jeden in den Abgrund reißt, der ihre Gefühle missbraucht. Eine Systemsprengerin, die bis zur Selbstzerstörung liebt. "Nimm meine Seele und gieß' sie aus", singt Francesca.

Das Bühnenbild lässt den Stream leuchten

Klassik Bild | Bildquelle: FRANCESCA DA RIMINI, Regie: Christof Loy, Streamingpremiere am 14. März 2021 Deutsche Oper Berlin, Copyright: Monika Rittershaus Bildquelle: FRANCESCA DA RIMINI, Regie: Christof Loy, Streamingpremiere am 14. März 2021 Deutsche Oper Berlin, Copyright: Monika Rittershaus Sechs Wochen dauerten die Proben an der Deutschen Oper, jeden Tag ließen sich alle Mitarbeiter testen. Der Chor, sensibelstes Thema in Coronazeiten, singt live im größten Probenraum des Hauses und wird zugeschaltet. Das bezaubernde Bühnenbild in einer Mischung aus Jugendstil und Fin de Siècle lässt sogar den sonst so kühlen Stream leuchten. Je 280 Stunden haben zwei Maler ein berühmtes Landschaftsbild von Claude Lorrain kopiert, es nimmt den gesamten Hintergrund ein und entführt in die Magie italienischer Sehnsuchtsorte.


Zandonais "Francesca da Rimini" ist wie Korngolds "Wunder der Heliane", ebenfalls an der Deutschen Oper von Christof Loy inszeniert, eine herrliche Entdeckung. Möge ihr bald vor Publikum ein ebensolcher Erfolg beschieden sein.

Sendung: "Allegro" am 15. März 2021 um 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Bis zum 17. März 2021 kann die Oper auf der takt1-Website noch kostenlos angeschaut werden.

Kommentare (1)

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Samstag, 20.März, 13:33 Uhr

Tobias Hoheisel

...das bezaubernde Bühnenbild

... hat ein Bühnenbildner entworfen - mit dem Regisseur, aber nicht dieser alleine!
Diese Leute haben auch Namen & es wäre angebracht sie zu nennen!
mit freundlichen Grüssen,
Tobias Hoheisel

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