Opernpremiere Norma trotz Pandemie - Madrid setzt Zeichen für die Kultur in Europa

Xl_norma_4978__002_ © Javier de Real

Die Oper lebt – zumindest in Spanien. Mit strengen Hygiene- und Abstandsregeln läuft der Kulturbetrieb auf der iberischen Halbinsel ohne Unterbrechung trotz Pandemie. Am Teatro Real gab es nun die Premiere einer Neuinszenierung von Vinzenzo Bellinis Norma.

Eine Schar von Photographen sowie Vertreter des Fernsehens begleiteten das elegante Madrider Premierenpublikum beim Einzug in des edle und festlich geschmückte Teatro Real, in unmittelbarer Nähe zum Königlichen Schloss. Alles scheint wie gewohnt, nur mit Maske, die überall im öffentlichen Bereich Pflicht ist. Drinnen gibt es klare Anweisungen und der Strom der Besucher wird pandemiegerecht von zahlreichen Helfern geleitet.  Fast 1200 Personen dürfen in das Theater, 65% der Auslastung sind erlaubt. Desinfektionsmittel, geschlossene Garderoben und Buffets, verbesserte Klimatisierung und abgesperrte freie Plätze gehören dazu. Aber es fühlt sich gut an, lebendig und gut gelaunt ist die Stimmung im Publikum, der Geist des gesellschaftlichen Ereignis ist spürbar. Einmal mehr bestätigt das Teatro Real die gesellschaftspolitische Bedeutung eines Kulturlebens. Ein Faktum, das in den meisten Ländern zurzeit ignoriert wird und schadet.

Außergewöhnlich ist das Regiekonzept des Australiers Justin Way für diese Neuinszenierung. Die Handlung läßt er zur Entstehungszeit der Oper 1831 in einem italienischen Opernhaus spielen. Norma und Adalgisa sind Primadonnen, Pollione ist der österreichische Befehlshaber. Wie in einer Parallelhandlung laufen ausschnittsweise Opernbilder einer historischen Norma Aufführung in Gallien als Bühne auf der Bühne ab. Norma ist die Titelheldin, die sich in ihre Garderobe zurückzieht. Das Bühnenbild von Charles Edwards versetzt in die damals sehr naturalistische Gestaltungspraxis und die Kostüme von Sue Willmington sind üppig und farbig wie im 19. Jahrhundert üblich. Zum Ende hin geht das Konzept nicht schlüssig auf. Die unterdrückten Italiener mimen die streitbaren Gallier mit langen Bärten und die Bühne auf der Bühne verwächst sich zu einem dichten Wald. Norma und Pollione schreiten Hand in Hand auf das am Ende brennende Theater zu.

Auch sängerisch kann der Abend nicht als Belcanto überzeugen. Die in Spanien beliebte und vielbesetzte Yolanda Auyanet ist eine Norma mit wenig leicht fließender Koloratur. In der Höhe zügelt sie ihre Dramatik. Gestalterisch nutzt sie ihren Spielraum und zeigt Präsenz. Michael Spyres zwängt sich in die Höhe, sein Tenor bleibt dem Abend über wir eingeschlossen. Dies vermittelt er auch in einem sehr statischen Auftritt. Clementine Margaine stellt sich im Duett mit der Titelheldin kämpferisch und verständnisvoll. Farbenreich zeigt sie ihre gesanglichen Qualitäten. Am Pult schafft es Marco Armiliato nicht, mehr Schwung und Leichtigkeit zu eröffnen. Umsichtig versucht er die Sänger mitzuziehen.

Das Publikum feiert lang, aber selektiv die Sänger und bewertet das Regieteam positiv. Wie schön ist es doch das Erlebnis Oper lebendig zu spüren. Dem spanischen Kulturminister sei herzlich gedankt.

Helmut Pitsch

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