Ein böser Witz, der sitzt

Kultur / 20.08.2020 • 22:53 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Regie bringt den Humor zur Wirkung.

Die Regie bringt den Humor zur Wirkung.

Gefeierte Uraufführung der komödiantischen Oper “Impresario Dotcom” bei den Festtagen der Festspiele.

Bregenz Das Vorarlberger Publikum ist nahezu mit allen Wassern gewaschen. Dass in einem Aquarium gesungen werden muss, bringt im Land, in dem beispielsweise ein Komponist wie Gerald Futscher um keinen nassen Einfall verlegen ist, niemanden aus der Fassung. In der Opera buffa „Impresario Dotcom“ hat es damit freilich eine andere Bewandtnis. Jene Sänger, die da mehr oder weniger getreu nach der Komödie „Der Impresario von Smyrna“ von Carlo Goldoni um eine Anstellung an einem Opernhaus ringen, tun es allerdings nicht zur Ausweitung des Klangerlebnisses, sondern weil die Zeit auch für bestens ausgebildete Hochbegabungen hart und jede Gage willkommen ist. Ein wenig erinnert die Szene auch an Peinlichkeiten, die Teilnehmern an Castingshows zugemutet werden. Jedenfalls ist der Seitenhieb gut gesetzt, wiewohl wir uns auf einer anderen Ebene befinden.

Kreatives Konzept

Um die Uraufführung unter den Pandemie-Bedingungen realisieren zu können, wurde das Auftragswerk der Bregenzer Festspiele an die vielseitig tätige, bislang mit „Dorian Gray“ auf dem Opernsektor in Erscheinung getretene slowakische Komponistin Lubica Cekovská für die Festtage auf eine pausenfrei spielbare Länge von knapp 90 Minuten gekürzt und die deutsche Regisseurin Elisabeth Stöppler hat die Abstandsauflagen samt Masken und Desinfektionsmittel in ihr Inszenierungskonzept kreativ integriert. Die Kontrahenten können einander ohnehin nicht ausstehen, also bleibt man auf Distanz.

Dass auf der großen Bühne des Bregenzer Festspielhauses dann doch noch ein kompaktes Ganzes entstehen kann, dazu braucht es erstens einen die Ideen bündelnden Zugriff und zweitens ein Überagieren der Personen, das nie ins Leere läuft. Abgesehen davon, dass auch die Musik ein gerüttelt Maß an Humor und Spannung einbringt, geht alles gut. Scheinbar jedenfalls, denn der Impresario, der eine Operncompagnie gründen will und sich bei Goldoni einfach vertschüsst, wird auch bei Librettistin Laura Olivi zum Phantom. Am abrupten und etwas banal wirkenden, aber durchaus auch subtil politisch konnotierten Ende ist zwar ein Budget da, ob sich die von den Ereignissen erschlagenen Künstler zu einem Kollektiv aufraffen, bleibt offen. Zum Finale müssen auch in einer Opera buffa, also in einer Komödie, nicht alle im Glück schwimmen. Kräftiger Applaus und Bravos lassen sich bei der Uraufführung am Donnerstagabend im Festspielhaus als Zustimmung werten.

Diabolisches Pathos

Die Regie von Elisabeth Stöppler, die Ausstattung inklusive Video von Hermann Feuchter, Nicole Pleuler und Fabio Stoll, die Musiker des Symphonieorchesters Vorarlberg unter Christopher Ward und vor allem die Sänger haben überzeugt. Mit Hagen Matzeit (Orfeo), Eva Bodorová (Olympia), Terezia Kruzliaková (Carmen), Adriana Kucerova (Violetta), Simeon Esper (Tamino) und Christoph Pohl (Conte) bekommt Lubica Cekovská das, was sie braucht, nämlich Künstler, die nicht nur die Partien von Gluck, Offenbach, Bizet, Verdi und Mozart, die hinter diesen Figuren stehen, sehr gut bewältigen, sondern auch die zeitgenössische Musiksprache und komödiantisches Agieren, das Schauspielerin Zeynep Buyrac (Dotcom) mit dunklem und passenden, weil diabolischem Pathos auf die Spitze treibt. Die Zitate sind ebenso qualitätsvoll in die eigenständige Musiksprache eingewoben wie das Satirische und ein Hauch aus dem spätromantischen Repertoire. Ob es die Ukulele war, der Kontrabass, das Schlagwerk oder das Hammerklavier, der Einsatz des Instrumentariums hat anziehenden Drive. Irgendwann nach Corona gibt es vielleicht einmal die ganze Fassung der Oper „Impresario Dotcom“, die sich schon in gestraffter Form behauptet und den innovativen Charakter der Festspiele unterstreicht.

Auch das Singen unter Wasser wird in
Auch das Singen unter Wasser wird in “Impresario Dotcom” verlangt.
Die komödiantische Oper „Impresario Dotcom“ von Lubica Cekovská wurde als Auftragswerk der Bregenzer Festspiele am Donnerstagabend in Bregenz uraufgefüht. BF/Karl Forster
Die komödiantische Oper „Impresario Dotcom“ von Lubica Cekovská wurde als Auftragswerk der Bregenzer Festspiele am Donnerstagabend in Bregenz uraufgefüht. BF/Karl Forster

Weitere Aufführung von “Impresario Dotcom”: 21. August, 20 Uhr, Bregenzer Festspielhaus. Finale: 22. August, 19.30 Uhr, Wiener Symphoniker unter Philippe Jordan.