“Das Rheingold” so nah am Wasser wie noch nie…in Bulgarien

Xl_ringsofia © Svetoslav Nikolov

SOFIA/Pancharevo-See: DAS RHEINGOLD open air - Premiere am 24. Juli 2020

 

Es hat stattgefunden! Ausgerechnet in Corona-Zeiten! Das ist schon sensationell an sich.

Nach langen Jahren der Überlegung hat Prof. Plamen Kartaloff, Generaldirektor der Sofia Opera, nun seinen Plan verwirklicht, „Das Rheingold“ aus bemerkenswerten Inszenierung des „Ring des Nibelungen“ open air aufzuführen. In seiner schier unerschöpflichen und seinesgleichen suchenden Fantasie, wo und wie man solche Veranstaltungen durchführen kann, kam er auf den nahe bei Sofia gelegenen Lake Pancharevo. Dort stellte ein gut meinender Sponsor ein passendes Grundstück mit einem großen Stahl-Ponton zur Verfügung. Im Rahmen des „Festivals der Opernabende der Sofia Opera‚ ‚Wasser-Musen‘“ hatte der Vorabend von Wagners Tetralogie unter der musikalischen Leitung von Erich Wächter einen Abend vor dem alljährlich wiederkehrenden Premieren-Tag der Bayreuther Festspiele Premiere.

Das Bühnenbild von Nikolay Panayotov, der auch die extravaganten Kostüme geschaffen hat und extra aus Paris angereist war, wurde sehr effektvoll auf die See-Szenerie angepasst. Die Burg Walhall (eine Gruppe von sechs konischen Trichtern, die Zinnen der Burg andeutend) ruhte mit immer wieder eindrucksvoller und stets szenengerechter Bestrahlung auf dem gegenüberliegenden Seeufer. Zentrum des Geschehens bildete wieder der riesige mobile Ring, beleuchtet mit dem bestechenden Multimedia-Design von Vera Petrova, Georgi Hristov und diesmal auch noch Vladimir Grancharov, mit einigen Spezialeffekten von Electrick.me. Das Bühnenbild ging mit der Naturstimmung der untergehenden Sonne und dem Wasser des Sees eine perfekte und bisweilen faszinierende Verbindung ein.

Man hörte die bekannte Sofioter „Rheingold“-Besetzung, die Kartaloff seit Beginn der Arbeit an der Tetralogie vor mittlerweile 11 Jahren (!) unter Mitarbeit von Richard Trimborn und Velizar Genchev sehr gut an die Umsetzung der Wagnerschen Figuren herangeführt hat.

Unter den Protagonisten ragten heraus Martin Tsonev als Wotan mit einem stimmlich prägnanteren Wotan als zuvor, Daniel Ostretsov als Loge, der effektvoll und mit Nachdruck die Fäden zog und dabei einen ausdrucksstarken Tenor hören ließ, Biser Georgiev als Alberich, der mich mehr noch als in den Vorjahren mit einem kräftigen, genau zur Rolle passenden Bassbariton überzeugte. Alexandrina Stoyanova-Andreeva sang und spielte eine agile Flosshilde mit sehr klangvollem Mezzo und Hrisimir Damyanov gab einen lyrisch-klangschönen Froh. Ayla Dobreva als Woglinde und Ina Petrova als Wellgunde vervollständigten vokal gut das fantasievoll agierende Rheintöchterterzett. Stefan Vladimirov sang den Fasolt mit kantablem Bass, sein Bruder Fafner war der düstere Petar Buchkov. Silvana Pryvcheva gab die Freia mit anmutigem Sopran, und Krasimir Dinev hatte einen ansprechenden Kurzauftritt als Mime. Rumyana Petrova als Fricka und Blagovesta Mekki-Tsvetkova als Erda ließen mit ihren Mezzos wieder zu wünschen übrig.

Erich Wächter wählte zügige Tempi und dirigierte dieses „Rheingold“ in nur etwas mehr als 2,5 Stunden. Das Orchester saß abseits in einem regengeschützten goldenen Pavillon, wobei das Dirigat über zwei große Monitore und für die Sänger gut sichtbar über der Publikumstribüne mit etwa 280 voll besetzten Plätzen in Corona-hygienegerechter Sitzordnung übertragen wurde. So hätte man auch bei Wasser von oben spielen können - nicht umsonst nannte Kartaloff das Festival also wohl „Wasser-Musen“… Dafür, dass man mit der Übertragungstechnik hier im wahrsten Sinne des Wortes Pionierterrain betrat, war das Ergebnis auch akustisch gut, wenngleich der orchestrale Teil gelegentlich eine höhere Aussteuerung vertragen hätte, zumal die Sänger mit Mikroports sangen.

Zu den bombastischen, tönern und hohl wirkenden Klängen des Finales fährt Wotan im Kahn auf sein Walhall zu… Es war eine außerordentliche Erfahrung, dieser Abend am Pancharevo-See mit dem „Rheingold“ unter dem Abend- und Nachthimmel Bulgariens. So etwas kann man wohl nur in Sofia erleben…                                                              

Klaus Billand

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