Eine innige "Winterreise" führte im Musiktheater in den Kulturfrühling
Bariton Martin Achrainer gab mit Schuberts Liederzyklus den Auftakt nach der Pause.
"Die ,Winterreise’ war einmal ausverkauft, dann ist sie krankheitsbedingt ausgefallen. Dass ich jetzt noch eine Karte erwischt habe, freut mich", sagt Melitta Jungwirth. Die Glückseligkeit, dass sie am Samstag bei der ersten Vorstellung nach dem Shutdown im Linzer Musiktheater dabei sein kann, steht der langjährigen Abonnentin ins Gesicht geschrieben. Ihre Freude teilt die Linzerin mit 100 Besuchern, die unter Einhaltung der Abstandsregel weitläufig verteilt im Großen Saal Platz gefunden haben.
"Wir sind süchtig nach Kultur"
Schneeflocken liegen auf der Bühne, eine Glühbirne über dem Flügel zaubert einen Hoffnungsschimmer ins Dunkel. Durch diese erstarrte Eiswüste wandern Bariton Martin Achrainer als Schuberts "Winterreisender" und sein pianistischer Partner Tommaso Lepore. Es ist ein Auftakt nach Monaten, in denen auch uns Gefühle von Einsamkeit und Isolation begleitet haben. In einer Welt, die plötzlich so verstörend anmutete wie die frostigen Visualisierungen von Patrick Bannwart und Falko Herold.
Schon 2019 begeisterte die stimmige Inszenierung von Landestheater-Intendant Hermann Schneider. So sehr, dass sie manche am Samstag unbedingt ein zweites Mal erleben wollten, wie Veronika und Wolfgang Fischbach. "Wir sind süchtig nach Kultur", erzählt das Paar, das seiner "Sucht" zuliebe in der Pension sogar "extra von Hinter-stoder nach Linz gezogen" ist und seitdem "in jeder Vorstellung" war. Erst vergangenen Mittwoch, beim Landestheater-Auftakt "Häuptling Abendwind" in den Kammerspielen: "Wir hatten mit einem Ein-Personen-Stück gerechnet. Plötzlich war das ganze Ensemble auf der Bühne. Sensationell!" Beider Kulturhunger zugute kommt, "dass die Preise für Rollstuhlfahrer mit zehn Euro und einer Begleitperson mit 50 Prozent Ermäßigung sehr human sind. Auch im Brucknerhaus – Hut ab." Dass es viele "Kultursüchtige" gibt, daran ließ auch der herzhafte Beifall am Samstag keinen Zweifel.