"Fliegender Holländer" an der Volksoper: Gefährliche Riffs umschifft

"Fliegender Holländer" an der Volksoper: Gefährliche Riffs umschifft
Kritik: Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ an der Volksoper – keine gefährliche Irrfahrt

. Geht es nach Seemeilen, so hat die Volksoper einiges zurückgelegt. Denn es ist keineswegs selbstverständlich, dass im Haus am Gürtel die Werke Richard Wagners vor Anker gehen, dass eine große „romantische Oper“ wie „Der fliegende Holländer“ so sicher den Hafen ansteuert.

Und genau das macht der verfluchte Seemann in der Inszenierung von Aron Stiehl und dem leider bemerkenswert hässlichen Bühnenbild von Frank Philipp Schlößmann schnörkellos. Graue Wände sind hier graue Wände, sie lassen sich verschieben, zeigen immerhin die Enge einer in sich verschworenen Seefahrergemeinschaft, die rein auf materielle Vorteile und spießiges Häuslbauerglück schielt. Nur zwei sind Außenseiter: Der zur ewigen Fahrt verdammte Holländer und Senta, die in der pausenlosen (Wagner wollte das so!) Aufführung den Blick über den Meeresrand (ja, die Wände lassen sich auch ganz ohne Schiffe öffnen) hinaus wagt, die ihren mentalen Kompass ganz auf die Erlösung des Titelhelden eingestellt hat.

"Fliegender Holländer" an der Volksoper: Gefährliche Riffs umschifft

Seelenwelten

Es sind reine Seelenwelten, die Aron Stiehl (die zeitlosen Kostüme stammen von Franziska Jacobsen) hier illustriert; Interaktionen zwischen den Protagonisten finden selten statt. Das ist praktikabel, legitim und in manchen Bildern extrem zwingend. Stiehl zieht gar keine Meta-Ebenen ein, er vertraut auf Wagner.

So kann man – ohne jedes politische oder gesellschaftskritisches Getöse – das Werk durchaus sehen. Die Spieloper steht hier eher Pate als ein Weltendrama wie etwa WagnersRing des Nibelungen“. Eine insgesamt sehr schlüssige Interpretation.

"Fliegender Holländer" an der Volksoper: Gefährliche Riffs umschifft

Für das Getöse ist nämlich die musikalische Seite unter Dirigent Marc Piollet zuständig. Dieser setzt vom ersten Takt an auf orchestrale Dramatik und verzichtet weitgehend auf Nuancen, auf die berühmte Sogwirkung. Piollet baut auf Effekte, auf großes Drama. Exzellent gelingen etwa die Chorszenen (Kompliment an die Damen und Herren); in den innigeren Momenten darf sich jedoch in Zukunft noch mehr melodischer Zauber einstellen.

Stichwort „Zauber“: Für diesen sorgt in stimmlicher Hinsicht vor allem Stefan Cerny als atemberaubender Daland. Cerny ist mit Abstand der beste Singschauspieler dieser Produktion, er zeichnet seinen Daland vokal subtil als skrupellosen Geschäftsmann, der seine Tochter Senta einfach an den fremden Holländer verkauft.

Markus Marquardt ist somit der titelgebende Getriebene, der sich nach (zu) vorsichtigem Beginn dieser Aufgabe souverän, aber ohne jeden Anflug von Dämonie oder gar Geheimnis entledigt. Dieser Holländer findet seine Erlösung in Meagan Millers präsenter, etwas zu schriller Senta, die wiederum den sehr gut auf Linie singenden Erik in Gestalt von Tomislav Mužek abweisen muss.

JunHo You als Steuermann und Martina Mikelić als Mary sind in diesem Umfeld vernachlässigbar. Aber: Die Volksoper hat wieder einen „Fliegenden Holländer“, der ohne Havarie seine Anlegestelle gefunden hat.

Kommentare