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Albert Lortzings Oper „Zar und Zimmermann“ feiert Premiere in Bremerhaven Der Bürgermeister macht Wahlkampf

Bremerhaven. Die Zeiten, in denen die Werke von Albert Lortzing fester Bestandteil in den deutschen Theatern waren, sind lange vorbei. Umso mehr kann man sich freuen, wenn das Stadttheater Bremerhaven einen Lortzing auf die Bühne bringt.
27.04.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Wolfgang Denker

Die Zeiten, in denen die Werke von Albert Lortzing fester Bestandteil in den deutschen Theatern waren, sind lange vorbei. Umso mehr kann man sich freuen, wenn das Stadttheater Bremerhaven einen Lortzing auf die Bühne bringt. Die Wahl fiel auf „Zar und Zimmermann“ und damit auf die wohl bekannteste Oper Lortzings.

Natürlich wäre es reizvoll gewesen, vielleicht auch mal seinen „Hans Sachs“ oder seine „Regina“ auszugraben, aber mit Blick auf das Bremerhavener Publikum ist die Entscheidung legitim. Die ausverkaufte Premiere bestätigt das.

„Zar und Zimmermann“ spielt auf einer Schiffswerft im holländischen Saardam. Eigentlich – in der Inszenierung des britischen Regisseurs Walter Sutcliffe befinden wir uns aber im Bremerhavener Container-Terminal. Bunte, riesige Container rahmen die Bühnenfläche ein, auf der die Arbeiter mit ihren Schutzhelmen ihre Mittagspause verbringen und von der Witwe Browe (Hannah von Peinen), die hier zur Kantinenwirtin mutiert ist, versorgt werden. Das Bühnenbild und die Kostüme von Okarina Peter und Timo Dentler sind dabei durchaus stimmig und passen zum Werk.

Regisseur Sutcliffe hatte im ersten Teil ein glückliches Händchen für komödiantische Aktionen. So ließ er den aufgeblasenen Bürgermeister van Bett bei seinem Auftritt durch das Publikum marschieren, wobei sein Adlatus Rosen und er selbst seine Visitenkarte verteilte. „Ehrlich gemeinsam weiterkommen!“ stand da als Politphrase drauf. Ja, auch in Bremerhaven ist Wahlkampf. Der Gag mit dem mobilen Klo, in dem irgendwann auch der Bürgermeister verschwindet und durch lautes Ächzen alle an seinem Tun teilhaben lässt, war hingegen grenzwertig. Und Marie, die Nichte des Bürgermeisters, die in Peter Iwanow verliebt ist – und er noch mehr in sie –, ist alles andere als ein braves Mädchen: Ein blonder, „heißer Feger“, der ihrem Peter gehörig einheizt und auch sonst den Männern schön den Kopf verdrehen kann.

Im zweiten Akt findet eine Hochzeit statt, aber es ist eher eine Art Betriebsfest, bei dem eine Discokugel vom Bühnenhimmel kommt und der Marquis von Chateauneuf zu einem – zum Glück stummen – Mikrofon greift und seine Arie „Lebe wohl, mein flandrisch Mädchen“ wie eine Schlagereinlage singt. Ebenso macht es später der Zar bei seinem „Sonst spielt’ ich mit Zepter, mit Krone und Stern“ – ein Einfall, der durch Wiederholung auch nicht besser wird.

Die Prügelei, in der der Regisseur Parallelen zu den „Meistersingern“ sehen will, ist nicht immer überzeugend ausgefallen. Weil wegen der starren Container die Bühne nicht nach hinten geöffnet werden konnte, musste für den Abschied des Zaren eine Notlösung herhalten: Der Zar schwingt wie Tarzan an einem Seil herein, verabschiedet sich und entschwindet nach oben, während der erfolglose englische Gesandte das Mobiliar zertrümmert. Das brachte dem Regieteam beim überwiegend zustimmenden Schlussbeifall dann doch einige Buhrufe ein.

Solisten, Dirigent und Orchester wurden hingegen einhellig gefeiert. Ido Arad überzeugte am Pult der präzise aufspielenden Bremerhavener Philharmoniker schon mit der Ouvertüre und hielt das Niveau über die gesamte Aufführung. Filippo Bettoschi war zwar kein Zar aus „Samt und Seide“, aber einer mit kantigem Profil und markantem, strömend geführtem Bariton. Oliver Weidinger schöpfte als van Bett voll aus seinem komödiantischen Talent und beherrschte die Bühne jederzeit, gesanglich ebenfalls sehr überzeugend. Regine Sturm eroberte als Marie in ihrem feuerroten Kleid nicht nur das Herz von Peter Iwanow, sondern auch die Herzen des Publikums. Ihr hübscher Sopran prädestiniert sie über das Soubrettenfach hinaus. Thomas Burger war mit gut sitzendem Tenor ein agiler, beherzter Peter Iwanow, Tobias Haaks mit schmelzreicher Stimme eine Luxusbesetzung für den Marquis. Leo Yeun-Ku Chu beeindruckte als englischer Gesandter in Bremerhaven einmal mehr mit seiner fülligen Bassstimme.

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