„Eugen Onegin“, diesmal als Kammeroper

FOTOPROBE: 'EUGEN ONEGIN'
FOTOPROBE: 'EUGEN ONEGIN'(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Tschaikowskys berühmteste Oper, szenisch etwas lasch, aber mit einer vielversprechenden Besetzung.

Aus und vorbei! Sie gehöre jetzt einem anderen, dem sie immer treu bleiben werde, beteuert Tatjana – doch die leidenschaftlichen Küsse, die sie mit Onegin zuletzt tauscht, zeigen ihre wahren Gefühle. Sie muss sich mit Gewalt losreißen – und wir sind nicht nur Zeugen, sondern spielen gewissermaßen mit: Das Publikum hat in Ted Huffmans Inszenierung einen stummen Vertreter auf der Bühne (Thomas Engel), der sich an das Geschehen erinnert und es mitfühlend begleitet – die etwas bemüht „moderne“ Brechung eines von historischen Kostümen bestimmten Ambientes.

Schichtwechsel im Ensemble der Wiener Kammeroper: Seit 2012 präsentiert das Theater an der Wien dort internationalen Sängernachwuchs. Nun tritt bereits die zweite Generation dieses jungen Ensembles an – und dessen Mitglieder sind es, die diesen orchestral reduzierten und auf zwei Stunden gekürzten „Eugen Onegin“ hörenswert machen. Victorija Bakan steht als glaubwürdig scheue, zarte Tatjana im Zentrum, die sängerisch feinsinnigen Wohllaut mit der nötigen Impulsivität vereinen kann, und in Gestalt von Natalia Kawałek-Plewniak wächst ihr eine lebenslustig sonore, niemals derb klingende Olga zu. Dagegen prunkt Vladimir Dmitruk als Lenski mit metallischem Glanz, weiß Intensität allerdings derzeit noch kaum anders als durch Lautstärke zu vermitteln. Etwas schwerer haben es Bariton und Bass, für deren Rollen große Jugend keinen absoluten Vorteil darstellt: Dass der Onegin zu den darstellerisch größten Herausforderungen der Opernbühne zählt, kann Tobias Greenhalgh mit seinem weichen, hellen Timbre nicht vergessen machen, und für Gremins große Arie fehlt Christoph Seidl noch die Geschmeidigkeit – Potenzial ist freilich hier wie dort vorhanden.

Ganz hat das Wiener Kammerorchester unter Peter Valentovic die von Jonathan Lyness klug auf ein Dutzend Musiker komprimierte Partitur noch nicht intus, und die notwendige Zusammenziehung der Rollen von Gremin und Sekundant Saretzki würde szenisch viel Kühneres ermöglichen, als Huffman zu zeigen bereit war: dennoch Jubel für alle. (wawe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2014)

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