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Rückfall in die Theaterprovinz

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Monotone Hilflosigkeit: Szene aus „Falstaff“.
Monotone Hilflosigkeit: Szene aus „Falstaff“. © Stuke

Oldenburg - Von Andreas Schnell. Ein bisschen gespannt durfte man ja sein, wie sich das neue Oldenburger Musiktheater anhören würde. Und – nicht zuletzt – wie es aussehen würde. Dass der neue Intendant Christian Firmbach eine vielversprechende Riege von Jungtalenten akquiriert hat, war schließlich unlängst schon bei der Gala zur Spielzeiteröffnung festzustellen gewesen. - Von Andreas Schnell.

Und was da am Samstagabend zu hören war, konnte durchaus überzeugen. Das Ensemble war für Verdis „Falstaff“ um zwei Gäste erweitert: Marco Chingari ist in der Titelrolle zu sehen, Richard Morrison sang bei der Premiere den Ford. Die übrigen Rollen waren mit festen Ensemblemitgliedern besetzt, darunter auch die noch aus Bremen bekannte Alexandra Scherrmann als Nannetta.

Vor allem Chingari füllte die Rolle des lebenslustigen Hallodris Falstaff mit Spielfreude und vollem Bariton aus: Denn Falstaff legt Wert auf seinen Bauch, ist bekennender Genießer und lebt nach dem Motto: „Mit Anstand stehlen und zur rechten Zeit“. Morrison ist als Ford das glatte Gegenteil: ein sittenstrenger Bürger, der bei Regisseur Tom Ryser auch mal militant wird und zur Waffe greift, um den Sünder zu bestrafen. Wie die Hauptrollen sind auch die Neben- und Kleinstrollen gut besetzt, das Oldenburgische Staatsorchester unter Roger Epple präsentiert einen farbenfrohen Verdi, auch der Chor macht seine Arbei mehr als anständig.

Aber es gibt in der Oper schließlich nicht nur Musik. Und wenn das, was am Samstag in Oldenburg zu sehen war, ein Indikator für den neuen Stil des dortigen Musiktheaters steht, dann droht hier ein Rückfall in die Provinz der Siebzigerjahre. Die Choreographien kommen tief aus der Klamottenkiste, und das Bühnenbild von Stefan Rieckhoff, der auch die Kostüme besorgt hat, begnügt sich mit wenigen Gedanken, die dem Gesamteindruck wenig hinzufügen: Da gibt es zum einen eine auf die Bühne gespiegelte Replik auf das ehrwürdige Staatstheater, auf dessen Rückseite sich die bürgerliche Stube befindet. Verbunden sind die beiden Sphären durch eine Drehtür, die lediglich dafür zu existieren scheint, um dem Dienergespann eine weidlich genutzte Gelegenheit zu geben, immer wieder gegen ihre Flügel zu rennen. In diesen beiden Bühnenwelten bewegt sich das Geschehen in monotoner Hilflosigkeit, bis man im dritten Akt mit einer gewissen Erleichterung dann doch noch ein recht hübsches Bild für die Szene im Wald vorgesetzt bekommt: Lamettavorhänge senken sich herab und wallen in Wellen, während das Licht dezent Unheimlichkeit andeutet.

Die etwas blasse Botschaft, die Ryser uns im Programmheft mit auf den Weg gibt, dass man „alle Falstaffs dieser Welt hochleben lassen“ sollte, weil er Windsor diesen wunderbaren Fasching schenke, nahm das Oldenburger Publikum am Ende an und ließ sich von diesem Theater gewordenen Anachronismus nicht davon abhalten, auch das Regie-Team mit Applaus zu bedenken und die weniger zuschauerseits als von der Bühne her nahegelegte Zugabe durchzustehen.

Kommende Vorstellungen: Heute und am 10. Oktober jeweils um 19.30 Uhr, am 3. Oktober um 18 Uhr im Oldenburgischen Staatstheater.

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