Wien - Ob Direktor Dominique Meyer in seiner Amtszeit einen neuen Ring des Nibelungen wagt, steht in den Opernsternen. Um die Götterdämmerung aus der Vorgängerära wäre es jedenfalls nicht sonderlich schade. Regisseur Sven-Eric Bechtolf - sosehr ihm etwa Rheingold gelang, als Oase delikater, hintergründiger Personenführung - lässt hier zwischen Bäumchen bieder herumhopsen, schmusen, morden.

Nach Jahren hat dieser Götteruntergang auch nicht unbedingt an Stringenz gewonnen. Er gibt eher den Bremskräften des Repertoiretheaters nach und geht den eingeschlagenen Weg Richtung Steh- und Schreittheater behäbig weiter. Es finden sich die Protagonisten also auf jenes gestalterische Vermögen zurückgeworfen, das ihnen gegeben ist. Da wäre etwa Attila Jun (als Hagen), der den trübgesinnten Düsterling vokal etwas teddybärenhaft darbot und auch sonst nicht gerade zum Inbegriff des Gefährlichen und Beweglichen wurde.

In dieser gänzlich statischen Liga teilte er sich mit Caroline Wenborne (als solide, schrill-unscheinbare Gutrune) den ersten Stehplatz - knapp gefolgt von Stephen Gould. Als Siegfried schreitet er respektabel durch die Partie, ohne zu überragender vokaler Wirkung vorzudringen. Da wäre eher Markus Eiche hervorzuheben: Stimmliche Klarheit und Präsenz, Eleganz der Artikulation führten zur rundesten Leistung des Abends, während sich Janina Baechle (als Waltraute) und Jochen Schmeckenbecher (als Alberich) bei ihren Kurzauftritten keine Blöße gaben - wie auch die Rheintöchter und Nornen.

Respekt natürlich für Nina Stemme als Brünnhilde: Ihre Spitzentöne haben nötige tragische Schärfe plus Durchschlagskraft - und dies bis zum Schluss. Auch versteht es Stemme, die haarsträubend anspruchsvollen Aspekte ihrer Partie (nur die tiefen Töne bleiben recht blass) in gestalterische Energie umzuwandeln.

Um dieses blutige Intrigenspiel baut Dirigent Sir Jeffrey Tate mit dem Staatsopernorchester einen überzeugenden Kosmos der opulenten Farb- und Klangentfaltung, der Eleganz und Fülle. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 10.6.2014)