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"Lohengrin" als Bauerndrama in der Staatsoper

In einer Gasthausstube siedelte Regisseur Andreas Homoki seinen "Lohengrin" an, der am Samstag in der Wiener Staatsoper Premiere gehabt hat. Das Volk ist von Kopf bis Fuß in Tracht gehüllt und agiert schlicht, trotzdem ist eine in sich schlüssige Geschichte entstanden, die aber hörbar nicht alle begeisterte. Einstimmigen Jubel gab es für Klaus Florian Vogt als strahlenden Helden in Lederhose.

"Lohengrin" als Bauerndrama in der Staatsoper
"Lohengrin" als Bauerndrama in der Staatsoper

"Es gibt ein Glück" steht schon auf dem Vorhang, und darüber sind zwei Herzen mit Flammen zu sehen. Dasselbe Bild hängt auch in der Wirtshausstube, in deren engen Holzwänden (Ausstattung: Wolfgang Gussmann) sich die ganze Handlung abspielt. Man wähnt sich zeitweise in einem Anzengruber-Stück, aber die sind ja auch sehr unerbittlich.

Schon während des Vorspiels sind zwei Szenen aus der Vergangenheit zu sehen: das Begräbnis des Vaters von Elsa und ihres Bruder sowie Elsas geplatzte Hochzeit mit Telramund. Homoki, Intendant der Oper Zürich, hat die Wagner-Oper als Koproduktion mit seinem eigenen Haus angelegt und sich vielleicht optische Anregungen in der Schweiz geholt. Die Handlung läuft ähnlich einem Heimatfilm ab, mit drastischen Auseinandersetzungen, aber auch zarten Gefühlen.

König Heinrich wirkt wie ein jovialer, aber etwas gestresster Landbürgermeister, der es allen recht machen will, lässt aber doch spüren, wer hier das Sagen hat. Wenn in dem Trachtengetümmel Elsa erstmals erscheint, ist sie nicht sehr traumverloren, sondern sie zwingt eher trotzig das Wunder herbei, indem sie dauernd mit einem Schwan unter dem Arm herumgeht. Mitten in der staunenden Menge liegt plötzlich Lohengrin in einem weißen langen Hemd zusammengekrümmt am Boden, vom Schwan zum Mensch geworden. Die Begegnung mit Elsa ist ungemein warmherzig und innig gestaltet, die beiden suchen von Anfang an aneinander Halt.

Der Kampf mit Telramund findet auf einem großen Tisch statt, das Volk steht wieder staunend herum. Telramund, eine derbe Großgrundbesitzer-Gestalt, fackelt nicht lange und zückt ein Messer. Lohengrin - völlig unbewaffnet - überwältigt ihn aber trotzdem und wirft ihn vom Tisch.

Dass auch der dritte Akt nicht im Brautgemach, sondern in der mittlerweile leeren Stube spielt, ist auch klar. Und wieder ist alles eher handfest: Lohengrin zieht Elsa auf seinen Schoß, sie ist sichtlich von ihm angetan, stellt dann aber trotzdem die verhängnisvolle Frage nach seinem Namen. Und damit ist alles aus, der Unbekannte muss wieder weg, und merkwürdigerweise mutiert der Schwan erneut und wird nun zu Gottfried, was etwas unklar ist. Zuletzt steht Elsa da und reicht dem auf dem Boden liegenden neuen Herzog von Brabant, ihrem Bruder, Horn und Schwert von Lohengrin, dahinter steht Ortrud und scheint das Spiel noch nicht verloren zu geben.

Klaus Florian Vogt wirkte stimmlich und optisch wie eine Lichtgestalt, die auch in Lederhose den strahlenden Helden nicht verleugnen kann. Seine helle, sicher geführte Stimme macht die Gralserzählung zu einem wirklichen Höhepunkt des Stückes, kann aber auch düster oder drohend wirken, wie nach dem Zweikampf mit Telramund. Günther Groissböck (Heinrich) hat die Durchschlagskraft in der Stimme, die seine Herrscher-Figur glaubhaft macht, in diesem Fall eben ein Landbürgermeister. Als Telramund überzeugt Wolfgang Koch nicht nur mit großer Wortdeutlichkeit, er schafft es, eine fast lächerliche Figur - die die meiste Zeit nur mit Unterhose und weißem Hemd bekleidet ist - gefährlich und brutal wirken zu lassen. Camilla Nylund ist eine zupackende Elsa, die schon von Anfang an Lohengrin umarmt und sich nicht unbedingt mädchenhaft-scheu gebärdet, auch wenn sie zarte Töne auf Lager hat. Die Ortrud von Michaela Martens wirkt zunächst eher wie eine rachsüchtige Geierwally, bevor sie gefährliche Töne einbringt und zuletzt ihre Verbindung mit den heidnischen Göttern betont. Nicht ganz ideal war der Heerrufer von Detlef Roth, der stimmlich etwas zu kämpfen hatte.

Ganz ausgezeichnet und dafür heftig akklamiert leitete der erst vor zwei Wochen für Betrand de Billy eingesprungene Mikko Franck das Staatsopernorchester, das schon beim Vorspiel, aber fast noch mehr bei den wohlgeordneten, aufrauschenden lauten Passagen im dritten Akt seine Klasse bewies.

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