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Klaus Florian Vogt (als Lohengrin) und Camilla Nylund (als Elsa). 

Foto: APA/WIENER STAATSOPER / MICHAEL PÖHN

Wien - Nach dem zünftigen Buh-Orkan zu urteilen, der Regisseur Andreas Homoki begrüßte, tendierten die Erwartungen an der Staatsoper eher Richtung heldische Herr der Ringe-Atmosphäre. Hier allerdings landet Ritter Lohengrin - quasi nach einem die Massen in Drehbewegung versetzenden Wirbelsturm - als fragiler Neumensch in einer Gastwirtschaft. Saft- und kraftlos sucht er, der Elsas Retter werden soll, im weißen Langhemd die Vertikale zu erreichen. Vergeblich. Erst Elsas inniger Begrüßungskuss - eine Art Energietransfer - verleiht ihm den aufrechten Gang. Auch im Duell mit Telramund wird Lohengrin kein imposanter Recke: Ängstlich weicht er den Messerhieben aus, bis ihn eine Kraft aus fernen Sphären eher beiläufig das Gerangel für sich entscheiden lässt.

Regisseur Homoki (Intendant der Züricher Oper und Kooperationspartner der Staatsoper) hat diesen Einschlag des Märchenhaft-Mythischen also humanisiert. Dennoch wahrte er jenen Kontrast, der zwischen Ritter und dem ihn begaffenden Milieu herrscht. Und auch wenn er das Geschehen in eine klaustrophobe bäuerliche Bergwelt versetzt und dabei reichlich Krachledernes und Verdirndeltes das holzkistenartige Ambiente bevölkert (Einheitsbühnenbild: Wolfgang Gussmann): Die Inszenierung erzählt die Geschichte dicht, wobei die szenische Überzeugungskraft in Verbindung mit den Möglichkeiten der Protagonisten steigt oder sinkt. Insofern war es der Abend von Wolfgang Koch (als Telramund): Im Vorspiel sieht man ihn durch Elsa (sie lässt die Hochzeit platzen) eine tiefe Kränkung erfahren, die Telramunds spätere Gattin Ortrud intrigant zu nutzen weiß. Und Koch schafft es, diesen Charakter impulsiv als seine Ehre verteidigenden Machthungrigen und schließlich als aller Ehre beraubten Rasenden darzustellen. Um dieses Energiezentrum gruppiert sich (abgesehen vom guten Staatsopernchor, den die Regie individuell führt, für dessen vokale Entfaltung der Holzraum jedoch ein Hindernis ist) Solides bis Steifes, was der Inszenierung Schärfe nimmt.

In der Lederhose wird etwa aus dem fragilen Lohengrin bei Klaus Florian Vogt ein recht blasser Junker. Immerhin verfügt der Tenor über ein (bisweilen knabenhaft) metallisches Timbre, das ihn nahezu über alle heiklen Passagen hinweg gute Dienste erweist. Auch eine eher statische, vokal nicht immer saubere Darbietung legt Michaela Martens hin (als Ortrud). Immerhin wirkt Camilla Nylund als Elsa facettenreich; sie erreicht, da sie Lohengrin nach seiner Identität fragt, dramatischen Glanz. Profund auch Günther Groissböck (als Heinrich).

Dass die Produktion Power aufwies, ist auch Dirigent Mikko Franck und dem Staatsopernorchester zu danken. Scharf akzentuiert tönte es oft. Und wiewohl manch Sänger in Opulenz unterging und an zarten Stellen des ersten Aktes nicht jede lange Streichernote unversehrt ihr Ende erreichte, wirkte doch alles kurzweilig, da intensiv. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 14.4.2014)