Gezockt – alles verloren, aber viel gewonnen

Kultur / 08.04.2014 • 20:35 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Fokussierung auf Hermanns Innenleben erlaubt spannende Fragen.  Foto: Oper Zürich/Rittershaus  
Fokussierung auf Hermanns Innenleben erlaubt spannende Fragen. Foto: Oper Zürich/Rittershaus  

Robert Carsen, der in Bregenz den „Troubadour“ umsetzte, stutzt „Pique Dame“ im Sinne Puschkins zurück.

Zürich. (VN-tb) Eine Oper braucht keineswegs kulinarisches Museumsstück zu sein. Noch vor dem Zutun der Regie rührt sie oft an Probleme (auch) von heute. Wie zum Beispiel Tschaikowskys „Pique Dame“, die von der Obsession von Hermann erzählt, an einem Spieltisch reich zu werden. Leider zerstört Hermanns Idee ihn selbst, seine Geliebte Lisa und deren gräfliche Großmutter, die dem unterprivilegierten Offizier ein Kartengeheimnis kundtut.

Ein Regieteam um Robert Carsen (der in Bregenz den „Troubadour“ auf dem See umsetzte) hat am Zürcher Opernhaus den Dreiakter, der sich mit seinen Haupt- und Nebenaktionen einigermaßen wildwüchsig gebärdet, gestrafft, hat ihn auf Puschkins gleichnamige Novelle zurückgestutzt. Indem er die Handlung konzentriert aus der Perspektive des Protagonisten erzählt, dringt Carsen zu einer kraftvollen Stringenz vor. Zudem wird die Geschichte an die Mitte des 20. Jahrhunderts herangeholt, erscheinen gewisse „filmische“ Keime im Stück akzentuiert – samt atmosphärischen Bezügen zu „L’année dernière à Marienbad“ von Alain Resnais. Ob die Gräfin alias „Pique Dame“ in diesem klaustrophobisierenden, wechselnd möblierten Einheitsbühnenbild vielleicht nur eine Projektionsfigur von Hermann ist? Ob sich nur in dessen Einbildungskraft das Herz-As im finalen Spiel in die Pik-Dame verwandelt? „Filmmagie“ und Fokussierung auf Hermanns Innenleben erlauben spannende Fragen. Momentweise zeigt sich dieser Abend etwas pathosgefährdet.

Mit Herzblut

Aleksandrs Antonenko singt den Hermann mit phänomenaler Strahlkraft und vergegenwärtigt diesen tragischen Außenseiter packend. Tatiana Monogarova gibt eine berührende Lisa und zeigt, dass auch diese von Todessehnsucht getrieben ist. Doris Soffels Gräfin erscheint wie ein schauerlicher Todesengel, wozu ein manchmal diseusenhaft aufgerauter Ton bestens passt. Auch die weiteren Darsteller und der von Jürg Hämmerli vorbereitete Chor überzeugen. Unter dem Dirigenten Jiri Belohlavek interpretiert die Philharmonia Zürich den Orchesterpart feurig, kontrastreich und mit Herzblut. Solches hat ja schon der Komponist in dieses Werk fließen lassen.

Nächste Vorstellungen: 11., 13., 16. und 27. April; 3., 6., 11. und 18. Mai. Dauer 3 Stunden www.opernhaus.ch