Oper Klagenfurt: Happy End am Ufer des Nils

(C) Oper Klagenfurt/ Fessl
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Das Stadttheater zeigt eine beeindruckende Produktion von Händels „Giulio Cesare in Egitto“. Regisseur Michael Sturminger verlegt die Handlung ins heutige Ägypten.

Good News aus Ägypten? Wie so oft ticken die Uhren der Kunst anders als in der politischen Realität. So erntete die Neuproduktion von „Giulio Cesare“ in Klagenfurt Standing Ovations. Das Kärntner Sinfonieorchester bewies, dass es möglich ist, binnen weniger Monate Strauss (Rosenkavalier), Verdi (Macbeth) und nun Händel stilkundig, idiomatisch treffsicher und frisch zu musizieren. Da braucht es keine hochgejubelten Spezialisten, heisere Originalinstrumente oder „authentische“ Stimmungen. Verantwortlich für die gelungene Überraschung ist Attilio Cremonesi, der das um eine Basso-continuo-Gruppe verstärkte Orchester zu einer nuancenreichen, tief empfundenen, auch tänzerisch-vitalen Auffächerung von Händels Musik animierte.

Regisseur Michael Sturminger verlegt die sensibel und klug um etwa ein Drittel gekürzte Handlung ins heutige Ägypten, atmosphärisch dicht ist das Bühnenbild. Ein Höhepunkt war Cäsars Solohorn-Jagdarie vor dem Hintergrund einer üppig grünen Insel am Nil, da stimmte der Gehalt der Musik mit der Bühnenatmosphäre in geradezu duftig-schwebender Einheit überein. Sturminger gelingt auch eine organische Balance zwischen dem existenziellen Ernst der großen dramatischen Szenen und den Opera-seria-Parodien, zu einem Kabinettstück geraten die Szenen des dekadenten Tolomeo, der mit seinen attraktiven Haremsdamen durchaus Handfestes anzufangen weiß – die wahren Abenteuer sind eben nicht im Kopf...

Kleopatra, als Tugend verkleidet

Kundig zur erfahrbaren Anschauung gebracht: die Parnass-Szene, in welcher die als Tugend verkleidete Kleopatra ihr intrigant-verführerisches „V'adoro, pupille“ von der Proszeniumsloge herab erklingen ließ. So viel „historische Informiertheit“ lässt sich mit Genuss aushalten.

Auf der Bühne eine Countertenortroika: herausragend Luigi Schifano als rachedürstender Sesto, darstellerisch überzeugender als vokal Vasily Khoroshev als orientalischer Lüstling Tolomeo, sowie Dmitry Egorov in der Titelrolle, der mehr den schwächelnden Seiten des Imperators Profil verlieh als dessen heldischen Qualitäten. Adriana di Paola gibt eine aufgewühlt-zerrissene Cornelia auf höchstem Niveau, endgültig zum Publikumsliebling avancierte die junge Amerikanerin Golda Schultz als darstellerisch hinreißende Cleopatra; ihr leichter, mondsilbrig hell timbrierter Sopran ist ideal für die Liebesarien und Szenen genuin femininer Koketterie, die abgrundtiefe Trauer der großen Pietà- und der Ombra-Arie blieb hingegen in Empfindung und farblicher Ausleuchtung (noch?) nicht völlig ausgelotet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2014)

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