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Musikfestspiele
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Salzburger Festspiele 2012

Die Zauberflöte
Deutsche Oper in zwei Akten KV 620
Text von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang A. Mozart


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h 20' (eine Pause)


Koproduktion mit dem Shanghai Grand Theatre
Premiere am 27. Juli 2012 in der Felsenreitschule Salzburg
(rezensierte Aufführung: 4. August 2012 - vierte Aufführung)

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Salzburger Festspiele
(Homepage)

Volkstheater mit orchestralen Zwischentönen

Von Stefan Schmöe / Fotos von den Salzburger Festspielen, © Monika Rittershaus

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Kleinunternehmer: Papageno

Ausgerechnet die Zauberflöte? Schon wieder? Nicht weniger als 17 Inszenierungen weist das Programmheft aus, die letzten beiden 2005 und 2006, und die Liste der Regisseure liest sich wie ein who is who der Operngeschichte. Überhaupt gab es ja Mozart satt in den vergangenen Festspieljahren, und da auch andernorts kein Mangel an Zauberflöten herrscht, ist es die so ziemlich unoriginellste Idee von Alexander Pereira, seine Salzburger Intendanz ausgerechnet damit zu beginnen. Die Begründung: Dirigent Nikolaus Harnoncourt soll mit „seinem“ Orchester, dem Concentus Musikus Wien (natürlich auf historischen Instrumenten) einen klanglichen Kontrapunkt zum gewohnten satten Sound der Wiener Philharmoniker setzen. Harnoncourt freilich ist, obwohl beim Publikum beliebt und schon mit Ovationen empfangen, in seinen Interpretationen nicht unumstritten und lässt im Programmheft gleich ein paar Gedanken zur Rechtfertigung unüblicher Tempovorstellungen abdrucken, und nach der Premiere war auch genau das der (allerdings auch mangels wirklicher Aufreger) ziemlich einzige Diskussionspunkt.


Vergrößerung in neuem Fenster Zwielichtige Pläne: Königin der Nacht und Tamino

War das nun festspielbedingter Premierenanspannung geschuldet, oder hat sich in der hier besprochenen vierten Aufführung – eine von immerhin vier Nachmittagsvorstellungen mit durchaus bemerkenswerter Zahl kindlicher Besucher – da manches gesetzt? Jedenfalls wirkt das Dirigat abgeklärt, sehr schlüssig, wegen der ungeheuren Transparenz, der Feinheiten des vor allem durch die Bläser geprägten Klangs, nicht zuletzt wegen des um jede kleine Note besorgten Detailreichtums nie langweilig - selbst da, wo man sich ein um eine Spur schnelleres Tempo vorstellen könnte. Manche überdeutlichen Akzente könnte man als Manierismus auslegen, fänden sie nicht fast immer auf der Szene ihr Pendant, und wenn Harnoncourt vielleicht etwas oft Zäsuren oder Verzögerungen einbaut, so hält er doch immer die Spannung. Die Musik steht nie still, ist immer zielgerichtet. Und dem charismatischen Dirigenten bei seiner Zeichengebung zuzusehen,in der Felsenreitschule sehr schön möglich, ist ein Vergnügen für sich.

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Schwierige Zweierbeziehung: Sarastro und Pamina

Regisseur Jens-Daniel Herzog greift die musikalischen Impulse in seiner sehr pointierten, daher trotz der riesigen Dimensionen der Bühne wirkungsvollen Personenregie geschickt auf. Er möchte die Zauberflöte nicht ausdeuten, sondern sie in passenden Bildern (nicht nur, aber eben auch) als Unterhaltungstheater präsentieren, was ja der Intention ihrer Schöpfer entspricht. Das oben erwähnte Nachwuchspublikum hat er dabei sicher auch im Blick gehabt. Ausstatter Mathis Neidhardt setzt im Bühnenbild die Arkaden der Felsenreitschule in klein fort, baut daraus eine Vielzahl verschiebbarer Module, die schnelle Raumwechsel ermöglichen: Da wird Sarastros Reich schnell zum Internat (mit Monostatos als dunkelhäutigem Lehrer) oder Sanatorium (mit den Priestern als herrlich wichtigtuerischen Assistenzärzten). Es geht dem Regieteam dabei nicht darum, ein durchgehend konsistentes Äquivalent für Mozarts und Schikaneders Bilder zu finden; die Bilder werden vielmehr dann eingesetzt, wenn sie gerade passen. Das ist an vielen Stellen sehr amüsant gelungen (etwa wenn die „Sklaven“ als Pennäler in Schuluniform mit erhobenen Zeichengeräten – offenbar steht gerade Geometrie auf dem Stundenplan – vor Papagenos Glockenspiel zurückweichen). Papageno fährt mit dem Kleinlaster ein und ist Inhaber der Firma „Papageno's Singvögel Delikatessen“. Herzog verlässt Schikaneders Singspielkosmos nicht (auch die langen Dialoge sind, weitgehend ungekürzt, im Original beibehalten), distanziert sich aber mit hübscher Schlusspointe von allzu hehrem Humanitätspathos. Besonders tief an der Oberfläche der Figuren kratzt er nicht. Sicher keine Inszenierung, über die man noch lange sprechen muss, aber doch eine, die hübsch anzusehen ist.


Vergrößerung in neuem Fenster Auf der suche nach Weisheit: Tamino mit den drei Knaben

Die zentrale Figur in dieser vom Volksstück gelenkten Perspektive ist Papageno, den Markus Werba mit viel österreichischem Charme spielt und mit schlanker, manchmal etwas enger Stimme singt. Bernard Richter bringt für den Tamino ideale stimmliche Voraussetzungen mit, sein heller Tenor besitzt Strahlkraft und Beweglichkeit; es fehlt aber an Geschmeidigkeit der Phrasierung – manches klingt doch recht hölzern. Der Tamino wird hier als sehr junger Mann, recht naiv (damit aber auch unbelastet) dargestellt; ein wenig mehr Bühnenpräsenz könnte das ruhig vertragen. Julia Kleiter ist eine auch im substanzvollem Piano und Pianissimo wunderbar leuchtende Pamina mit mädchenhafter Ausstrahlung. Disparat bleiben die Eindrücke bei Mandy Friedrich, der Königin der Nacht: Szenisch ist da keinerlei Wille zur Macht zu erkennen; musikalisch gelingen die lyrischen Einleitungen mit warmer, voller Stimme sehr schön, die dramatische Attacke danach fehlt weitgehend. Die schnellen Koloraturen sind unscharf verschmiert, die exponierten Spitzentöne sitzen klar und sicher. Georg Zeppenfeld gibt einen unprätentiösen, klaren Sarastro ohne Altväterlichkeit (aber auch ohne sonore Tiefen), bei dem die oft allzu weihevoll zelebrierten Arien eine angenehme Gelassenheit, ja auch leise Heiterkeit erhalten. Die drei Damen der Königin (Sandra Trattnigg, Anja Schlosser, Wiebke Lehmkuhl) dürfen sich, auch stimmlich, ein wenig als Diven gebärden, was der Klangfülle, weniger der Homogenität entgegen kommt. Markant (und fast ein wenig grell) sind die drei Knaben (namentlich nicht genannte Mitglieder des Tölzer Knabenchors), auch das hat man schon homogener gehört. Elisabeth Schwarz ist eine helle und leichte, zupackende Papagena, Rudolf Schasching ein schauspielerisch starker Monostatos – die Musik allerdings ist mehr gesprochen als gesungen. Sehr differenziert gestaltet Martin Ganter den Sprecher, Lucian Krasznec und Andreas Hörl als souveräne Geharnischte sowie die sehr gute, flexibel auf den Dirigenten reagierende Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor vervollständigen ein nicht unbedingt ausgeglichenes, in der Summe eher ordentliches als glanzvolles Ensemble.


FAZIT

Hier geht’s weder um großes Startheater noch um eine Neudeutung des Werkes, sondern um eine in sich stimmige, auch unterhaltsame Aufführung – das ist auch recht gut gelungen, auch wenn aus der durchwachsenen Solistenriege nur Julia Kleiters Pamina vokalen Festspielglanz verbreitet. Die Diskussion um richtige oder falsche Tempi sollte nicht den Blick verstellen auf Nikolaus Harnoncourts ungemein nuanciertes Dirigat.






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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Nikolaus Harnoncourt

Inszenierung
Jens-Daniel Herzog

Bühne und Kostüme
Mathis Neidhardt

Licht
Stephan Bolliger

Chor
Ernst Raffelsberger

Choreographie
Ramses Sigl

Dramaturgie
Ronny Dietrich



Ein Bewegungschor

Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor

Concentus Musikus Wien


Solisten

Sarastro
Georg Zeppenfeld

Tamino
Bernard Richter

Königin der Nacht
Mandy Friedrich

Pamina
Julia Kleiter

Erste Dame
Sandra Trattnigg

Zweite Dame
Anja Schlosser

Dritte Dame
Wiebke Lehmkuhl

Drei Knaben
Solisten des Tölzer Knabenchors

Papageno
Markus Werba

Papagena
Elisabeth Schwarz

Monostatos
Rudolf Schasching

Sprecher
Martin Ganter

Erster Geharnischter, Priester
Lucian Krasznec

Zweiter Geharnischter
Andreas Hörl


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